Im Burgenland stehen 51 zweisprachige Ortstafeln, 47 deutsch-kroatische und vier deutsch-ungarische. Laut Verfassungsgerichtshof sind das aber um fünf zu wenig. Die aber werden, so wie es im Moment aussieht, eher nicht aufgestellt

Foto: Der Standard/Holzner

Eisenstadt/Željezno/Kismarton/Tikni Martona/Asch - Dass Eisenstadt eigentlich fünf Namen trägt, ist nirgendwo zu lesen, schon gar nicht auf den Ortstafeln. Zwar ist Eisenstadt mehrsprachig. Nicht umsonst spricht man von der Repräsentanz der Kroaten unter den Beamten der Landesregierung zuweilen despektierlich so:"In jeder Lod' a Krowod." Aber Burgenlands Landeshauptstadt zählt eben nicht zum "autochtonen Gebiet" . Und da ist man im Burgenland - u Gradišću also - durchaus streng.

Strenger jedenfalls, als es die österreichweite Wahrnehmung Glauben machen will. Die sieht das Burgenland volksgruppenbezüglich nämlich als konfliktfreie Zone. Ja, als vorbildlich. Manche rufen gar: "Kärnten muss Burgenland werden!"

Franjo Schruiff, burgenlandkroatischer Wiener Anwalt und Minderheitenrechts-Experte will das etwas zurechtrücken. "Das Burgenland ist da keineswegs vorbildlich, eher rückständig." Während in Kärnten zweisprachige Ortstafeln seit 1977 stehen, tun sie das im Burgenland erst seit dem Sommer 2000. Nach der alten 25-Prozent-Formel.

Laut der 10-Prozent-Formel des Verfassungsgerichtshofes - Franjo Schruiff nennt die aufgrund der zahlreichen gleichlautenden Erkenntnisse "gesicherte Rechtsprechung" - müsste das Burgenland fünf weitere deutsch-kroatische Tafeln aufstellen. In der diesbezüglichen Pflicht sei das Bundeskanzleramt.

Landtagspräsident Gerhard Steier, einst SP-Bürgermeister von Siegendorf/Cindrof, möchte diese Tafeln aufstellen und kann sich - unabhängig von allfälligen Kärntner Kompromissformeln - eine "Extraverordnung" für das Burgenland vorstellen. SPÖ-Klubchef Christian Illedits, Bürgermeister von Draßburg/Rasporak, möchte dagegen eher "die Kirche im Dorf lassen" . Und das meint auch der ÖVP-Landtagsabgeordnete Leo Radakovits, Bürgermeister von Güttenbach/Pinkovac und turnusmäßiger Vorsitzender des kroatischen Volksgruppenbeirats. Ohne Zustimmung der jeweiligen Gemeinde gehe da gar nichts.

Illedits und Radakovits stehen in der Tradition der burgenländischen Volksgruppenpolitik, die stets vermieden hat, Konfliktlinien entlang von Symbolen - die Ortstafeln ja ohne Zweifel sind - entstehen zu lassen. Beide reden lieber übers Kernproblem: dass die Volksgruppensprachen - neben dem Burgenlandkroatischen sind das Ungarisch und Romanes - überhaupt verschwinden.

17.730 haben sich bei der Volkszählung 2001 als Burgenlandkroaten quasi registrieren lassen. 1951 waren es noch mehr als 34.000. Dass sich dieser Trend von selber umkehren könnte, glaubt niemand. Im Landesnorden verwischt der massive Zuzug das Sprachverhältnis in den Gemeinden in Richtung Deutsch. Im Süden wandern die Jungen ab, weshalb die Volksgruppe zurzeit überlegt, das sogenannte Territorialprinzip des Volksgruppengesetzes, das neben den Ortstafeln ja vor allem zweisprachige Schulen und zwei Amtssprachen verspricht, aufzuweichen. Die burgenländische Volksgruppendebatte könnte also demnächst nach Wien kommen, wo ja seit der Zwischenkriegszeit die Burgenlandkroaten organisiert vertreten sind.

Mag sein, dass in diesem Fall die Debatte Eisenstadt zumindest streift. Und dann irgendwann auch irgendwo zu lesen sein wird, dass jede der vier Volksgruppen - auch die Ungarn und die Roma - einen Namen haben für die Landeshauptstadt. Und die Juden auch, die ihr Eisenstadt-Unterberg einst mit den hebräischen Buchstaben Alef und Schin bezeichneten, den Initialen für Aisenstadt. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD; Printausgabe, 11.4.2011)