Johann Hatzl, 1942 -2011

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Wien - Mit Johann Hatzl verliert die Wiener SPÖ einen ihrer prominentesten Repräsentanten. Der in der vergangenen Nacht nach längerer Krankheit verstorbene ehemalige Stadtrat gehörte über Jahrzehnte zu den mächtigsten und auch umstrittensten Vertretern der Sozialdemokratie in der Bundeshauptstadt. Nicht immer ging er mit der Partei konform, etwa mit seiner starken Skepsis gegenüber einem EU-Beitritt Österreichs.

Geboren am 7. September 1942 wuchs Hatzl als einziges Kind einer Wiener Arbeiterfamilie auf. Nach der Hauptschule kam er 1956 als Betriebs- und Waggonschlosserlehrling in die Simmering-Graz-Pauker AG, wo er nach Abschluss der Lehre zuerst als Schlosser und dann als Kontrollor im Waggonbau tätig war.

Hatzls Karriere ist eng mit seinem Heimatbezirk verbunden. Früh engagierte er sich in der Sozialistischen Jugend (SJ) in Simmering, später wurde er deren Landesobmann und Verbandsobmann der SJ Österreich. Nicht weniger als 32 Jahre - nämlich von 1975 bis 2007 war er Vorsitzender der mächtigen Simmeringer Bezirkspartei, ein Posten der seine Laufbahn erleichterte.

1973 wurde Hatzl in den Wiener Gemeinderat gewählt, ehe er 1976 für drei Jahre in den Nationalrat wechselte. 1979 kehrte Hatzl als Stadtrat für Wohnen und Stadterneuerung in die Stadtpolitk zurück, später war er für Verkehr und Energie, dann auch noch für Bürgerdienst, Inneres, Personal und die Wiener Stadtwerke zuständig.

Als die SPÖ 1996 die "Absolute" verlor, musste Hatzl aus der Landesregierung weichen, wurde aber mit dem Klubvorsitz entschädigt. 2001 wurde er Vorsitzender des Wiener Landtags, eine Funktion, die er bis zu seinem Ausscheiden aus der Politik im Oktober 2008 innehatte.

Bekannt war Hatzl dafür, sich selten ein Blatt vor den Mund zu reden, und das mit deutlich erkennbarem Wienerischen Akzent. Neben seiner EU-Skepsis sorgte auch seine harte Linie in der Ausländerpolitik für so manche Negativschlagzeile. 2002 nannte er den damaligen israelischen Regierungschef Ariel Sharon nach einem Bombardement in Gaza einen "Staatsterroristen". Politisch bleibt von ihm unter anderem ein wesentlicher Fortschritt beim U-Bahn-Ausbau in seiner Amtszeit.

Noch bis zuletzt war Hatzl als Chef der Wiener Volkshilfe tätig. 2009 wurde er als einer der Stellvertreter von Wiens SP-Chef Michael Häupl wieder gewählt. Wie hoch trotz aller Konflikte sein Ansehen in der Wiener SPÖ war, zeigte sich daran, dass ihm 2009 die seltene Ehre zu Teil wurde, "Bürger von Wien" zu werden. Häupl meinte in seiner Laudatio zu diesem Anlass. Dank des Hatzl'schen "Sturschädels" habe es zwischen ihnen zwar den einen oder anderen Reibepunkt gegeben. Diese seien jedoch immer ausgeräumt worden: "Wir haben am Ende des Tages die Konflikte derart aufgelöst, wie es Menschen geziemt, die man als Freunde bezeichnet."

Hatzl hinterlässt eine Ehefrau, Eva-Maria, die selbst seit 2009 Mitglied des Wiener Gemeinderats ist.

Wiener ÖVP und Grüne kondolieren

Die Wiener ÖVP hat der Familie des heute verstorbenen SPÖ-Politikers Johann Hatzl kondoliert und die Handschlagqualität des früheren Stadtrats "gewürdigt". Hatzl sei im Umgang mit politischen Mitbewerbern stets fair und respektvoll gewesen, so Landesparteiobfrau Christine Marek in einer Aussendung.

Als "herben Verlust für das kommunalpolitische Umfeld in Wien", bezeichnete der früher VP-Klubchef in der Bundeshauptstadt Johannes Prochaska den Tod Hatzls. Dieser sei ein "machtbewusster und linksorienter Politiker" gewesen, geradelinig und kompromissfähig. Hatzl habe auch den politischen Gegner, wenn er Überzeugungen ehrlich und selbstbewusst hervorgebracht habe, respektiert, würdigte Prochaska seinen "Kontrahenten" in der Position des Klubchefs während der rot-schwarzen Koalition in Wien. Das "gegenseitige Ringen in doch freundschaftlicher Atmosphäre werde ihm immer in guter Erinnerung bleiben, erklärte Prochaska.

Ebenfalls Trauerbekundungen kamen von der Sozialistischen Jugend, Mitgliedern der Stadtregierung, SP-Seniorenchef Karl Blecha, der Wiener SPÖ-Zentrale und vom Landtagsklub der Sozialdemokraten.

Als "einen der großen Kommunalpolitiker der letzten Jahrzehnte" würdigt der Klubobmann der Wien Grünen, David Ellensohn den Verstorbenen. Das Arbeitsverhältnis zu ihm sei zu jeder Zeit von großem gegenseitigem Respekt gezeichnet gewesen. Besonders in Erinnerung bleibe ihm, wie Hatzl "die Sitzungen im Gemeinderat mit seinem trockenem Humor belebt hat". (APA)