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Foto: Alex Brandon/AP/dapd

Die Einigung zum US-Budget trägt nichts zur Lösung von Amerikas langfristiger Schuldenkrise bei

 

In wahrhaftig letzter Minute haben Demokraten und Republikaner ein „Shutdown“, die Schließung großer Teil der amerikanischen Regierungseinrichtungen abgewendet. Der Budgetdeal sieht 38,5 Milliarden Dollar in Einsparungen vor, weit mehr als die Demokraten anfangs bereit waren, aber auch viel weniger als der rechte Rand der Republikaner, die Tea Party, es forderte.

Es entspricht etwa den Vorstellungen von John Boehner, des Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, der auch als Sieger aus dieser Budgetschlacht herauskommt. Er hat sein Problem – nämlich den radikalen Parteiflügel – zu seinem Nutzen eingesetzt, mehr Konzessionen von Präsident Barack Obama und der demokratischen Senatsführung herauszuschlagen.

Der Erfolg der Demokraten besteht darin, noch Schlimmeres abgewendet zu haben – vor allem ein Finanzierungsstopp der Gesundheitsorganisation Planned Parenthood, die angeblich Abtreibungen finanziert, und Einschränkungen für Obamas Gesundheitsreform. Allein, dass Boehner diese Themen auf den Tisch gelegt hat, zeugt von geschickter Verhandlungsführung – sicherlich geschickter als die der Demokraten.

Ob das Budget den Republikanern politisch auch langfristig nützt, bleibt abzuwarten. Obama hat seinen Ruf als nicht führungsstarker, aber ruhiger Vermittler bekräftigt, der die Nation sicher durch turbulente Zeiten führen kann. Dies könnte ihm im Wahlkampf 2012 nützen.

Und die Republikaner sind von nun an für die wirtschaftliche Entwicklung der USA mitverantwortlich. Wenn die Erholung weiter schleppend läuft, werden sie nicht Obama und die Demokraten dafür die Schuld zuzuschieben – oder die Wähler werden es ihnen nicht glauben.

Die weitere Entwicklung der US-Konjunktur hängt allerdings von vielen anderen Faktoren ab, die nichts mit der Budgetpolitik zu tun haben – dem Dollar, den Zinsen, der Lage in China, die Erholung in Japan. Aber eines sicher: Nützlich ist die Budgeteinigung sicherlich nicht.

Sie kürzt zwar massiv kurzfristige Staatsausgaben, was deshalb schlecht ist, weil es in manchen Sektoren und Regionen den gerade erst eingesetzten Aufschwung bremsen könnte, tut aber nichts, um die langfristige Verschuldung der USA zu verringern, die vor allem von den großen Sozialprogrammen Social Security, Medicare und Medicaid hochgetrieben wird.

Auch Obama hat sich mit diesem Thema bisher kaum auseinandergesetzt – ein großes Versäumnis. Denn die Finanzmärkte werden unruhig; immer mehr Großinvestoren sagen, dass sie keine langfristigen US-Staatspapiere mehr kaufen wollen.

Dafür wird der Vorsitzende des Budgetausschusses im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, in vielen Medien als Held gefeiert, weil er in seinem Budgetvorschlag für 2012/13 tatsächlich Vorschläge macht, wie das Wachstum dieser „Entitlements“ gebremst werden kann.

Allerdings ist bei Ryan nur der Umstand lobenswert, dass er das Thema überhaupt angeht. Seine Detailvorschläge sind unzureichend – das Pensionssystem Social Security ist ausgespart und als treuer Republikaner schließt Ryan alle Steuererhöhungen aus, ohne die nie eine langfristige Budgetsanierung gelingen wird. Vieles in seinem Budgetentwurf ist parteipolitisch motiviert und zielt vor allem auf die Demontage der Gesundheitsreform.

Wenn das schon als politische Leistung zählt, dann schaut es um die Regierbarkeit der USA wirklich schlecht aus.

Dazu kommt die Aussicht, dass sich Demokraten und Republikaner in einigen Wochen bei der notwendigen Anhebung des Schuldenlimits, ohne dem keine neue Staatsanleihen ausgegeben werden können, wieder in den Haaren liegen werden. Eine Nicht-Einigung würde ein Chaos an den Finanzmärkten hervorrufen.

Allerdings bevor man hierzulande auf Amerika schimpft, sollte man sich überlegen, was die europäischen Staaten und auch Österreich tun, um die eigenen Zukunftsbelastungen in den Griff zu bekommen. Bei uns konnte nicht einmal eine Pensionskommission Maßnahmen vorschlagen, um eines der großzügigsten – und dadurch verantwortungslosesten – Frühpensionssysteme der Welt zu reformieren.

Hier sind vor allem die Sozialdemokraten und Gewerkschafter Schuld, die tatsächlich so tun, als ob es überhaupt kein Problem gebe oder ganz sanfte Schritte dazu reichen, um die tickende Zeitbombe unseres Pensionssystems zu entschärfen.

Dysfunktionale Politik gehört heute leider schon zum Alltag – in Washington genauso wie bei uns.