Sphingen machen noch kein Empire: Dem Armstuhl fehlt es an Eleganz, dafür ist er frisch tapeziert. Kostenpunkt: 20.000 bis 25.000 Euro.

Foto: Dorotheum

International hat die Auktionsbranche ihre Rekordmaschinerie längst angeworfen, da pflegt das Marktplätzchen Österreich noch seine Beschaulichkeit. Während Wolfdietrich Hassfurther die für den 28. März avisierte Auktion kurzfristig absagte und seinen Saisonanfang in den Juni verlegte, schwang man im Palais Kinsky vergangene Woche mit erfreulichem Ergebnis erstmals das Auktionatorenhämmerchen.

Am Ende summierten sich das Ergebnis der 83. Auktion auf ein Bruttototal von 3,6 Millionen Euro. Dazu trugen allein die aus der Sammlung Leopold 2 zum Teil ohne Limit versteigerten Objekte 760.000 Euro bei, die Elisabeth Leopold gut für den Abbau des hinterlassenen Schuldenbergs gebrauchen kann. Demnächst könnte dieser um weitere 280.000 Euro schrumpfen, wenn Rudolf Leopolds 152 afrikanische Kult- und Zeremoniengegenstände im Dorotheum versteigert werden: am 3. Mai anlässlich des Debüts der international unter der Bezeichnung Tribal Art geläufigen Sparte.

Zuvor steht beim Dorotheum vom 12. bis 14. April der erste Auktionsreigen des Jahres auf dem Programm. Mit etwa 17 Millionen Euro sollen sich die in fünf Spartensitzungen verteilten 1300 Kunstwerke zu Buche schlagen, wobei der eine oder andere Rekordzuschlag dabei im Bereich des Möglichen liegt: nicht nur, aber auch entsprechend dem Titel Das Goldene Zeitalter etwa, einem für spezialisierte Sammler und Museumskuratoren verführerischen Beispiel Antwerpener Kabinettmalerei des 17. Jahrhunderts. Dabei handelt es sich um die Gemeinschaftsarbeit fünf namhafter Maler, die dem Käufer - damals wie heute - in allen Disziplinen ein Höchstmaß an Perfektion zusichert(e): Abraham Govaerts schuf die Waldansichten, Ambrosius und sein Bruder Frans Francken II. ergänzten um die Genreszenen, Hans Jordaens III. steuerte die Tierwelt bei und das Finish Alexander Keirincx. 400.000 bis 600.000 Euro hoffen die Dorotheums-Experten allein für diese Holztafel notieren zu dürfen.

Zurück ins Depot

Eine weitere hochpreisige Kandidatin musste kurz vor Katalogschluss zurückgezogen werden. Ungeachtet eines vorliegenden Gutachtens wurden seitens der Fachwelt Zweifel an der Van-Dyck-Autorenschaft laut und wanderte das auf 400.000 bis 600.000 Euro taxierte Bildnis der büßenden Maria Magdalena zurück ins Depot. Dorthin würden Ästheten auch einen für die russische Klientel frisch mit königsblauer Seidentapezierung aufgeputzten Armlehnstuhl verbannen.

Auf den ersten Blick ähnelt das Ding einer umgearbeiteten Chaise d'Aisance (=Zimmerklo), will laut Katalogtext aber ein Beispiel der Empire-Ägyptomanie sein. Dafür spricht allenfalls die angeführte Provenienz, nicht aber das Fehlen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebräuchlicher, sonst auch eleganterer Stilcharakteristika. Egal, weil es auch nicht aus Kirsch-, sondern aus Ahornholz gefertigt wurde. Mit der vom Möbelexperten Alexander Doczy angesetzten Taxe von 20.000 bis 25.000 Euro beweist das Dorotheum aber wenigstens Mut. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 9./10. April 2011)