Der CL ist so fein, dass man nur mit gewaschenen Händen und sauberen Schuhen einzusteigen wagt.

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Mercedes AMG

Grafik: DER STANDARD

Weniger zimperlich wirkt die R-Klasse, eine behagliche Behausung für bis zu sieben Insassen.

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Der eine hat Platz für zwei Erwachsene und zwei nicht ganz so große Menschen, der andere für bis zu sieben. Das liegt nicht nur an den sechs Zentimetern mehr, die sich die R-Klasse gegenüber dem CL streckt: Völlig unterschiedliche Konzepte nämlich, die – frei nach dem Motto "es ist nicht alles ein Vergleich, was hinkt" – deshalb hier gemeinsam besprochen werden, weil es quasi um den größten gemeinsamen Nenner bei Mercedes geht: Beide Fahrzeuge sind länger als fünf Meter, viel mehr Auto geht nicht oder sollte vernünftigerweise nicht gehen. Und: Beide Mehrcedes, wenn das Wortspiel erlaubt ist, kommen mit Allrad daher, das Traktionsoptimierprogramm hört diesfalls bekanntlich auf den Namen 4matic.

Damit hat sich's mit Gemeinsamkeiten, kommen wir zum CL. Spielt seit ewig in der Traumcoupé-Champions-League, der hier, der CL 500 4matic, reicht in eine Liga, in der sonst etwa ein Bentley Continental GT zu nennen wäre.

Traumwagen und Raumwagen: Der CL spielt souverän jahrzehntelange Kernkompetenz in der obersten Coupé-Liga aus.
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Das kann Mercedes, das ist echte Kernkompetenz, souverän in jeder Hinsicht. Sei's das exquisite Interieur, alles dick in Leder gepackt, sei's das geschmeidige Luftfeder-Fahrgefühl, sportiv schwebender Komfort der Extraklasse, sei's der fantastische 435-PS-V8. Dem haben die Ingenieure einen gefühlvoll temperierten achtzylindertypischen Blubberschmatzsound anerzogen – und erstaunlich gesittete Trinkmanieren, immer in Relation zu Leistung und Fahrzeug, versteht sich.

Liegt unter anderem daran, dass das der 7-Gang-Automatik verordnete Start-Stopp-System rigoros ins Geschehen eingreift, nämlich auch, wenn man nur ein paar Meter rollt und dann wieder staut, dann wieder rollt, staut, rollt: Motor an, aus, an, aus, an – besser beherrscht das derzeit wohl keiner.

Und nun stellen Sie sich vor, nur Mut, es würde wer den CL aufpumpen, bis kurz bevor er platzt. Dann, irgendwie, haben wir eine R-Klasse vor uns. R 350 Bluetec, Langversion. Platz für sieben, kostet die Hälfte vom CL (was dessen Exklusivität weiter unterstreicht). Diesel diesmal, ausreichend stark (211 PS, 540 Nm), aber vom CL-V8 in Sachen Souveränität viel weiter entfernt als beim Verbrauch. 11,5 l / 100 km ermittelten wir bei unseren Testfahrten – das ist interessanterweise nur einen Liter weniger als beim CL. Mit dem teilt die R-Klasse zwar die Automatik, Start-Stopp fehlt hier aber. Leider.

Die R-Klasse hingegen ist eine neue Idee und tut sich deshalb, vor allem in Europa, im ersten Anlauf etwas schwerer.
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Ansonsten ist die R-Klasse, laut Zulassungsschein eine "Kombilimousine", ein multipel talentierter Reisegigant, der vielleicht erst in zweiter Generation zu der Form aufläuft, die Mercedes sich schon in erster erhofft hätte. Enorm, wie durchdacht dieser Wagen ist, alles flexibel, verschiebbar, -senkbar, und Platz, wie gesagt, ohne Ende.

Die Modellpflege brachte außen ästhetische Verträglichkeit und innen mehr Noblesse. Nur die Gestaltung der Mittelkonsole wirkt etwas angejahrt, die Bedienung von Navisystem und Infotainment stammt noch aus der alten Welt, aus der Ära vor Dreh-und-Drück.

Zwei Autos also jenseits fünf Meter, zweimal auf jeweils sehr individuelle Art was Maximales. Von Mercedes. Und überhaupt. (Andreas Stockinger/DER STANDARD/Automobil/08.04.2011)