Lorenz: "Die Privaten tun so, als wäre der Mensch fertig, und weiden ihn aus."

Foto: Reuetrs/Foeger

Programmdirektor Wolfgang Lorenz im Österreich-Teil der "Zeit" über ...

... öffentlich-rechtlichen Rundfunk: "Er bedeutet nicht politisch korrekter Rundfunk, sondern er verlangt, im Auftrag der Gesellschaft für die Gesellschaft Programm zu produzieren. Und dabei muss man sich am Auftraggeber orientieren, der mitunter so aussieht, wie es Ihnen und mir nicht gefällt."

...das ORF-Programm: "Ich glaube noch immer, dass es keine einzige Sendung im ORF gibt, von der man sagen könnte, sie wäre im Set des Gesamtprogrammes öffentlich-rechtlich unverträglich."

... das Gute an privaten Programmen: "Es ist ja nicht so, dass die Privaten von ihrer Befähigung her nichts anderes zusammenbrächten als eben Schweinestallfernsehen..."

... über den Unterschied zwischen Unterhaltung im ORF und bei Privaten: "Unsere Unterhaltungssendungen unterscheiden sich in einem sehr einfachen Punkt: Die Leute, die bei uns auftreten, sind Akteure, und bei den Privaten sind sie Opfer, die einer johlenden Meute vorgeführt werden beziehungsweise zum Teil auch vernichtet werden. Das ist der entscheidende Unterschied, um den es geht. Deshalb kann die Diskussion nicht über Quoten und Bilanzen geführt werden, sondern darüber, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk eine dezidierte Herausgeberschaft und eine ebensolche Haltung aller Mitarbeiter voraussetzt. Daran müssen wir arbeiten und dürfen uns nicht der Unterscheidungslosigkeit hingeben."

... wie ORF und Private mit Menschen umgehen: "Die Privaten tun so, als wäre der Mensch fertig, und weiden ihn aus. Wir sind der Meinung, dass der Mensch nicht fertig ist und weiter zivilisiert werden muss. Das heißt, wir haben auch eine gesellschaftliche Utopie zu befördern. Wir gehen von einem unfertigen Menschenbild aus, die Privaten von einem fertigen, das sie kommerziell ausnützen. Deshalb geben sie ausschließlich dem Affen Zucker."

... den Zugang des ORF: "Die Frage lautet nicht: Welchen Geschmack transportieren wir? Sondern: Transportieren wir Geschmacklosigkeiten?"

... seine Verantwortung für das Programm: "Man tut, was man kann und was man verantworten kann. Und es gibt nichts in meinem Programm, wofür ich nicht die Verantwortung übernehmen könnte. Aber selbstverständlich spüre auch ich, dass sich da eine Grenze immer näher an uns heranschiebt."

... und wie diese Grenze heißt: "Menschenverachtung."

... die sieht er bei Privaten: "Selbstverständlich. In hohem Maße. Ich hasse es, dass Menschen in Fallen gelockt werden, weil sie nicht rechtzeitig die Gefahr erkennen können, in der sie schweben. Arenafernsehen, in dem Menschen mit faschistoiden Methoden als Opfer vorgeführt werden."

Private fordern Distanzierung des ORF von Lorenz

Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) forderte am Freitag per Aussendung eine Entschuldigung. "Neuerlich diffamiert Lorenz eine ganze Branche - privates Fernsehen - pauschal und in höchst unseriöser Weise. Wir fordern den ORF mit Nachdruck auf, klarzustellen, dass dies nicht die Meinung des ORF ist, sondern Lorenz' Privatmeinung. Außerdem hat der ORF derartige geschäftsschädigende Aussagen seiner Mitarbeiter in Hinkunft zu unterbinden.", so VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm. Man würde es begrüßen, wenn Lorenz seine Energie dafür einsetzen würde, dass das im ORF-Gesetz geforderte Ziel der Unverwechselbarkeit von ORF und Privatsendern erfüllt werde und der ORF endlich ein klares öffentlich-rechtliches Profil erhalte. (fid/APA)