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Ist einem der Gähnende sympathisch, dann wirkt sein Gähnen eher ansteckend.

Foto: REUTERS/Timothy Chong

San Francisco / Wien - Die Chasmologie - also die Wissenschaft vom Gähnen - hat in den letzten Jahren fraglos einiges weitergebracht. Viele Fragen sind indes immer noch ungeklärt, nicht zuletzt die, warum wir eigentlich gähnen. Bestätigt ist immerhin, dass Gähnen mit Müdigkeit und Langeweile zu tun hat. Und dass es bei uns und einigen anderen Tieren ansteckend sein kann.

Wissenschaftlich gesichert ist immerhin, dass sich Hunde durch das Gähnen von Menschen anstecken lassen. Außerdem ist bekannt, dass auch Schimpansen, unsere nächsten lebenden Verwandten, sich beim Gähnen durch andere animieren lassen, was wiederum darauf schließen lässt, dass das Mitgähnen eine relativ junge evolutionäre Errungenschaft ist.

Wovon aber hängt es ab, dass Schimpansen und wir uns beim Gähnen anstecken lassen? Dieser Frage ging der renommierte Primatologe Frans de Waal (Emory University in Atlanta) gemeinsam mit seinem Kollegen Matthew Campbell experimentell nach.

Sie teilten 23 Schimpansen zwei Gruppen zu und spielten den Menschenaffen neun Sekunden lange Gähnvideos vor. Und dabei zeigte sich, dass die Versuchsaffen um 50 Prozent häufiger mitgähnten, wenn der Vorgähner am Video der eigenen Gruppe angehörte und also ein Bekannter oder Verwandter war.

Die Schlussfolgerung der Forscher im Fachblatt PLoS ONE: Ansteckendes Gähnen hat weniger mit Müdigkeit als mit Mitgefühl zu tun und ist ein Maß für Einfühlungsvermögen, was auch schon für das Mitgähnen bei Menschen nachgewiesen wurde. Außerdem weiß man, dass dabei dieselben Bereiche des Gehirns aktiviert werden, wenn jemand Schmerz erfährt oder einen anderen sieht, der Schmerzen empfindet. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 08.04.2011)