Wer weiß, vielleicht muss man im früheren Leben eine Schnecke gewesen sein, um auf Wohnwägen, sozusagen Schneckenhäuser für Erdenkinder, abzufahren. Wie auch immer, der Wildhüter John Pearce hauste schon vor 60 Jahren in einem alten, grün gestrichenen, sogenannten Schäferkarren in Dorset, von wo aus er zwischen Mai und August Tiere, vor allem Vögel bei der Brut, beobachtete.

Im Bild: "Constanze" dient als Spielhaus für Kinder und wurde von den Besitzern im Internet entdeckt.

Foto: Verlag Knesebeck

Vom Komfort her gibt das grüne Wägelchen samt Kamin und Schlafstelle nicht viel mehr her als das Fass des Diogenes, und doch hat die alte Karre mehr Charme als so manches Hightech-Wohnmobil. Gemütlicher verhält es sich mit dem "Airstream Globetrotter" von 1963, einem blankpolierten Caravan-Juwel, einer im Garten stationierten Insel, wo sich Chris Haddon ein modernes Büro samt Bullerofen eingerichtet hat. Bestimmt hat er sich auch hier zu dem Buch "Mein wunderbarer Wohnwagen" inspirieren lassen, das der Designer gemeinsam mit der Stylistin Jane Field-Lewis pünktlich zum Start der Campingsaison herausgebracht hat.

Im Bild: Den "Airstream Safari" ersteigerte Chris Haddon, Mitautor des Buches "Mein wunderbarer Wohnwagen".

Foto: Verlag Knesebeck

Auf 166 Seiten und 240 Abbildungen des Fotografen Hilary Walker hat das Trio die Geschichten von 40 Wohnwägen zusammengetragen, die zeigen, dass der Wohnwagen zu Unrecht als Urlaubsmobil für spießige Sparefrohs abgetan wird. Die fahrbaren Hütten tragen Namen wie "Winchester Pipet", "Canned ham", "Teardrop", "Bambi", "Monza 100" oder wie im Falle des VW-Bus "Bulli" und sind so verschieden wie die Himmelsrichtungen, in die Camper weltweit zu Ferienbeginn aufbrechen.

Im Bild: Replik eines "Teardrop"-Caravans, den die Besitzer in erster Linie zu Festivals mitziehen.

Foto: Verlag Knesebeck

Zu sehen sind verwunschene Schlösschen auf zwei Rädern, Art-déco-Juwelen, sogenannte Silver-Bullets oder ein seetauglicher Amphibien-Caravan. Allen gemein ist eine unglaubliche Liebe zu Details: So lässt sich das Buch, das auch nützliche Adressen für alle Freunde der rollenden Urlaubsdomizile bereithält, gleich einem Wimmelbuch durchschmökern. Die Publikation zeigt außerdem, mit welcher Fantasie sich die Designer wie auch die Besitzer dieser mobilen Mini-Architekturen ihrer Leidenschaft widmen.

Im Bild: "Canned ham" nennen die beiden ihren Trailer aus dem Jahre 1954. Fotos aus dem besprochenen Band

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So ist es auch nicht verwunderlich, dass in dem bunten Haufen an Wohnwägen auch jener Zigeunerwagen zu finden ist, der angeblich Roald Dahl zu seiner Kindergeschichte "Danny oder Die Fasanenjagd" inspirierte. Der Wagen in tadellosem Zustand kommt verschnörkselt in Zuckerlrosa und Babyblau daher und erinnert eher an ein flaumiges Tortenstückchen aus der Demel-Auslage als an ein Reisegefährt. (Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/08/04/2011)

Jane Field-Lewis, Chris Haddon: "Mein wunderbarer Wohnwagen - mobil, retro, cool" ISBN 978-3-86873-322-8. Verlag Knesebeck. Euro 20,6, www.knesebeck-verlag.de

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