John Foxx And The Maths:
Interplay (Metamatic).
Ab 16. 4. im Handel

Foto: Metamatic

Die Synthesizer auf diesem Album stammen aus jener fernen Zeit, als so ein Musikinstrument noch als wandverbaugroßes Instrument für verrückte Wissenschafter durchging, vor denen die Welt dann zumindest von Jason King und dem Department S gerettet werden musste. Man führte mit solchen elektronischen Teufelsschränken unter heimlicher Einbeziehung der näheren Anrainerschaft gefährliche psychoakustische Experimente durch. Deren einziges Ziel war sicher nicht eines der Geringsten: die Erringung der Herrschaft über Kurz- und Lang- und überhaupt alle Radiowellen - und damit über das Bewusstsein der Menschheit.

Für das neueste künstlerische Unternehmen des alten britischen Elektronikpioniers John Foxx, dem Sänger, der aus der britischen New-Wave-Gründerzeitband Ultravox! Ende der 1970er-Jahre gerade noch rechtzeitig ausstieg, bevor diese mit Nachfolger Midge Ure und Hits wie Vienna Weltkarriere machten, fuhr sein jüngerer Kollege Ben Ewards alias Benge gleich mit zwei dieser Monstren auf. Zwei unförmige Moog-Systeme wurden im Studio gegeneinander in Stellung gebracht. Ohne Absprache drehten John Foxx und Benge Knöpfe, steckten Kabel, beteten, dass keine Stromstöße ausfahren mögen und hauten die Ergebnisse dann im Culture-Clash-Verfahren generationenübergreifend zusammen.

Benge gilt spätestens seit 2008 und seinem zumindest in der engsten Fachwelt geschätzten Soloalbum Twenty Systems und Kompositionen wie Moog Modular, Fairlight Cmi oder Net Synclavier als die Kapazität, wenn es darum geht, aus analogen Synthesizer-Dinosauriern das Maximum an Moderne herauszuholen. Oder zumindest das, was nicht völlig aus der Zeit und heutigen Programmsprachen wie Soundästhetiken fällt.

Mit dem technischen Stand von heute hätte man die Klänge des Albums Interplay, veröffentlicht unter dem Bandpseudonym John Foxx And The Maths, zwar auch mit diversen Moog- oder Korg-Apps auf tellergroßen iPads einspielen können. Der britische Gentleman aber gilt als sportlich. Bereits 1980 veröffentlichte John Foxx mit seinem ersten Soloalbum Metamatic eine stilprägende Arbeit, die die maschinendominierte Popmusik der späteren Jahrzehnte in ihrer kühlschrankkalten Minimalästhetik nachhaltig prägte, aber finanziell unbedankt blieb.

Nach einer einerseits wechselvollen, andererseits gar nicht nachweisbaren weiteren Karriere des John Foxx, der zuletzt mit Ex-Cocteau-Twin-Mastermind Robin Guthrie, dem I, Robot-Regisseur Alex Proyas oder Autor Iain Sinclair zusammenarbeitete, darf man sich die Songs von Interplay durchaus als späte Weiterführung der für Metamatic vor 31 Jahren auf den ersten billigen, massenproduzierten und nur noch sporttaschengroßen Synthesizern entwickelten Sounds vorstellen. Es pluckert, holpert und tuckert wie auf alten Platten von The Human League, Gary Numan oder Deutsch-Amerikanische Freundschaft. Die Ryhthmuspatterns peitschen wie bei Kraftwerk in deren Taschenrechnermusikantenphase. Dazu taucht gelegentlich ein artfremder humanoider Gitarrist auf. Darüber gibt John Foxx mit sardonischem, sehr gern auch elektronisch verzerrten Bariton den scheiternden Heldensänger. Die Songs sind Klasse. Zurück in die Zukunft. Sehr gern. (Christian Schachinger / DER STANDARD, Printausgabe, 8.4.2011)