Der Beginn ist statisch. Vor schwarzer Bühne spannt sich ein goldenes Tuch von der Decke zum Boden. Verhalten erklärt Othello seine Liebe zu Desdemona und nimmt seinen Marschbefehl vom Dogen entgegen. Doch dann braust ein Gewittersturm auf, der die Stoffbahn wegsaugt, und der Blick wird frei auf einen steilen Hügel. Müll ist überall verstreut, im Dreck steht ein Klavier. Ein Wellblechdach schützt den Eingangsbereich zu einem Bunker. Im Hintergrund, am wolkenverhangenen Himmel, droht die Silhouette eines Kriegsschiffs. Othello ist auf Zypern gelandet, und das Spiel um Neid, Missgunst und Eifersucht beginnt.

Regisseur Michael Gampe gelingt eine spannende Inszenierung. Die schlanke Übersetzung von Gabriella Bußacker und Jan Bosse hat er mit Dramaturgin Doris Happl fürs Tiroler Landestheater adaptiert. Harald Windisch als Othello schafft den Bogen vom liebenden Ehemann zum von Eifersucht zerfressenen Mörder. Der eigentliche Fiesling ist Jago, von Klaus Rohrmoser facettenreich interpretiert. Einst von Othello bei einer Beförderung übergangen, rächt er sich, indem er Desdemonas eheliche Treue in Zweifel zieht. Als Handlanger fungiert Rodrigo (Gerhard Kasal), den er am Ende ermordet. Laura Louisa Garde als unschuldige Desdemona bleibt etwas blass. Ute Heidorn läuft als Emilia zu Hochform auf, als sie den Tod Desdemonas beklagt und Jago als Übeltäter überführt. Eindrucksvoll die Ausstattung von Karl-Heinz Steck (Bühne) und Christine Brandi (Kostüm). (dns/DER STANDARD, Printausgabe, 6. 4. 2011)