Klassische Brettspiele erscheinen auf Tablets in neuem Glanz.

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Strategiespiele wie "Risiko" oder...

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"Catan" erfreuen sich großer Beliebtheit.

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Aber auch in der Versenkung geglaubte Genres wie Point-and-Click-Adventure wie "Baphomets Fluch" eignen sich gut für die Touchscreen-Steuerung.

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Auch so manches typisches PC- und Konsolen-Game wie "Worms" macht als "Brettspiel" eine gute Figur.

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Ist von den neuen Chancen und Herausforderungen der Videospielindustrie die Rede, fällt rasch einmal die Prognose, dass multifunktionale Smartphones oder Tablets traditionelle Plattformen wie Konsolen verdrängen werden. Massive Preisvorteile und die unmittelbare Verfügbarkeit von Inhalten über AppStores machen iOS und Android zu starken Konkurrenten für PlayStation Portable und Nintendo DS. Manchen Analysten nach sollen Tablets künftig sogar Heimkonsolen und dem Spiele-PC den Rang streitig machen.

Doch obgleich die Argumente einleuchten und konvergente Geräte die Eigenheit haben, Spezialisten zu verdrängen, zeigt sich für Spieler derzeit noch eine andere Realität. Denn obgleich Handyspielphänomene wie "Angry Birds" oder "Doodle Jump" zweifellos die Vitalität der neuen Plattformen unter Beweis stellen, bergen sie kaum das Potenzial typische Konsolen-Games zu ersetzen. "Super Mario", "Gran Turismo" oder "Halo" springen, fahren und schießen nach wie vor in einer eigenen Liga. Das grundlegend andere Interface eines Touchscreen-Gerätes und der damit verbundene Mangel an physischen Eingabemethoden machen es praktisch unmöglich, das typische Konsolen-Feeling und damit auch dessen Spielerlebnisse befriedigend zu replizieren.

Neue Welten erschließen

Der Umkehrschluss trifft natürlich genauso zu. Touchscreens bieten Entwicklern gänzlich neue Möglichkeiten der Softwareentwicklung. Eines der besten Beispiele dafür ist die digitale Belebung klassischer Brettspiele auf iPad und Co., die in dieser Form mit Konsolen oder PCs nicht möglich wäre. Ein Blick in die Download-Charts zeigt rasch, wovon die Rede ist. Ob "Schach", "Scrabble", "Mahjong" oder "Risiko" - die AppStores sind voll von Board Games, nicht zu selten in mehrfacher Ausführung vom Gratisimitat bis zum "Vollpreisschnäppchen" für 4,99 Euro.

Natürliche Umsetzung

Die Qualität der Umsetzungen variiert dabei gewiss, doch es ist nicht zu verkennen, dass sich Brettspiele auf dem Tablet verstörend vertraut anfühlen. Abseits realer Spielfiguren vermisst man beim Puzzeln, in der virtuellen Zwickmühle, beim Matt-Setzen oder monpolistischen Hoteleinkäufen kaum etwas. Dank obligatorischem Computergegner ist man auch allein nicht verloren, zu mehrt lässt sich schon der eine oder andere verregnete Sommerabend oder eine lange Bahnfahrt versüßen. Gewiss ist ein echtes Monopoly schon ob seiner Größe die bessere Wahl für einen ausgedehnten Spieleabend, doch gerade die Portabilität und die schier unbegrenzte Angebotsvielfalt machen das Tablet zum äußerst attraktiven Spielekoffer. Und soll es einmal etwas aufwändiger sein, freut man sich, dass klassische Strategiespiele in der Videospielausführung wie "Die Siedler" mit dem Touchscreen beinahe ebenso gut funktionieren wie auf dem PC.

Eine neue Plattform erfrischt den Markt

Denn die Touchscreen-Eingabe hat auch zur Folge, dass sich manche typischen PC- und Konsolenwerke auf dem Tablet wie intuitive Brettspiele anfühlen. Von den genannten Strategiespielen eignen sich auch viele rundenbasierte Titel wie "Worms" oder bereits in der Versenkung geglaubte Point-and-Click-Adventure wie "Baphomets Fluch" bestens für die Direkteingabe. Das mag für Action-, Shooter- und Rennspielsuchende Tablet-Besitzer zwar kein Trost sein, doch sorgt die Renaissance alter Spielkonzepte für eine erfrischende Erweiterung des Videospielangebots - von den gänzlich neuen Touchscreenwerken einmal ganz abgesehen.

Mögliche Konvergenz

Fraglich ist, ob eines Tages eine Lösung gefunden wird, um beide Spielwelten zufriedenstellend miteinander zu vereinen. Zwei Ansätze dazu liefert der an allen Fronten mitmischende Unterhaltungselektronikkonzern Sony. Das jüngst gestartete Spielehandy Xperia Play vereint PSP-Steuerung mit einem Touchscreen. Allerdings wird sich hier erst zeigen müssen, ob die Kompromisse hinsichtlich des Designs von den Konsumenten angenommen werden. Ende des Jahres soll der PSP-Nachfolger "NGP" dann mit einem 5-Zoll-Touchscreen und Gamepad-Steuerung Casual- und Hardcore-Games vereinen. Ein Alleskönner im Brettspielformat vom Schlage iPad oder Android-Tablet ist derzeit allerdings nicht in Sicht.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 10.4.2011)

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