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Er soll grundsätzlich zum Rückzug bereit sein: Alt-Präsident Laurent Gbagbo auf einem Bild aus dem Wahlkampf im Herbst 2010

Foto: EPA/NIC BOTHMA

Abidjan/Paris/Moskau - Der abgewählte Präsident von Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste), Laurent Gbagbo, hat in einem Telefoninterview mit dem französischen Fernsehsender LCI Darstellungen französischer Diplomaten widersprochen, wonach er mit seinem Rivalen Alassane Ouattara über seinen Rückzug verhandle. Auch bestritt Gbagbo in dem Interview mit dem Sender LCI erneut seine Niederlage bei der Präsidentenwahl im November. "Ouattara hat die Wahl nicht gewonnen", sagte er. Er habe eine entsprechende Forderung der UNO und Frankreichs abgelehnt. LCI gab an, das Interview sei am Dienstag geführt worden.

Kämpfer des international anerkannten Wahlsiegers Ouattara haben nach Angaben von Diplomaten am Dienstag die Präsidentenresidenz in Abidjan eingenommen. Der abgewählte Machthaber Gbagbo habe sich in einem Bunker verschanzt, hieß es. Zuvor waren Truppen Ouattaras ins Zentrum der Wirtschaftsmetropole vorgedrungen und hatten den Wohnsitz von Gbagbo umstellt.

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Showdown im blutigen Machtkampf in Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste): Nach französischen Angaben stand der im November 2010 abgewählte Präsident Laurent Gbagbo, der seither dennoch an seinem Amt klebt, am Dienstag kurz vor dem Aus. "Wir haben ihn fast davon überzeugt, die Macht abzugeben", sagte der französische Außenminister Alain Juppe vor der Nationalversammlung in Paris. Zwei Generäle des Ex-Präsidenten seien an den Gesprächen beteiligt, die am Abend andauerten. Die Vereinten Nationen in New York sprachen am Abend von einer "raschen Entwicklung". Berichte, nach denen Gbagbo aufgegeben hat, dementierte ein Sprecher jedoch ebenso wie ein Mitarbeiter der UN-Mission in dem westafrikanischen Land (ONUCI). Gbagbo habe jedoch laut einem UN-Vertreter um Schutz der UNO angesucht.

Nach Helikopter-Angriffen hatte Gbagbo verhandelt

Gbagbo hatte nach heftigen Attacken der Anhänger des international anerkannten Siegers der Präsidentenwahlen, Alassane Ouattara, über seinen Abgang verhandelt. UN- und französische Kampfhubschrauber hatten am Montag in die Kämpfe eingegriffen und die Residenz Gbagbos angegriffen.

Nach Angaben der UNO soll sich der abgewählte Präsident in einem Bunker unter seiner Residenz befinden, die von Truppen von Ouattara belagert wurde. Die Truppen von Gbagbo sind unterdessen in der Wirtschaftsmetropole Abidjan eingekesselt worden. Sein Militärchef Philippe Mangou rief nach Tagen schwerer Kämpfe zum Waffenstillstand auf. Die Spitzen der Armee, der Polizei und der Präsidentengarde ordneten eine Waffenruhe an. Ein UN-Sprecher berichtete, die Generäle hätten die Vereinten Nationen telefonisch über die Feuerpause unterrichtet.

Gbagbos Truppen hielten sich weitgehend an eine Waffenruhe. Die Soldaten, darunter auch die bisherigen Eliteeinheiten Gbagbos, sollen sich den UN-Friedenstruppen ergeben und ihnen ihre Waffen übergeben. Zunächst war unklar, ob auch die paramilitärischen Milizen den Kampf einstellen. Anhänger und Einheiten Ouattaras feierten bereits den Sieg.

"Der Krieg ist vorbei"

Frankreichs Premier Francois Fillon sagte am Dienstag im Parlament in Paris, Gbagbos Außenminister Alcide Djedje und Militärchef Mangou seien am Montag in die französische Botschaft geflohen. "Der Krieg ist vorbei", sagte Djedje dem britischen Rundfunksender BBC. Es werde über einen dauerhaften Waffenstillstand verhandelt.

In Abidjan, wo seit dem Vorrücken der Truppen Ouattaras in der Vorwoche Kämpfe toben, waren am Nachmittag kaum noch Schüsse zu hören. Der Pariser Botschafter des gewählten Präsidenten Ouattara sagte französischen Medien, Gbagbo verhandle über einen Rückzug. "Wir haben den Kampf gewonnen", betonte Ouattaras Armee-Vizechef Cisse Sindou am Dienstagabend in einem BBC-Interview. "Gbagbo verhandelt, wie er das Land verlassen kann."

Ouattara, Sieger der Wahl im November, wird seit Montagnachmittag auch von Einheiten der UN und französischen Streitkräften unterstützt, die vor allem zum Schutz der Zivilbevölkerung eingreifen. Die französischen Helikopter haben nach Regierungsangaben aus Paris in Abidjan rund ein Dutzend Panzer sowie vier Flugabwehr-Kanonen zerstört. Verteidigungsminister Gerard Longuet erklärte vor den Abgeordneten des Verteidigungsausschusses, in vier Angriffwellen seien zudem zahlreiche weitere Fahrzeuge, drei gepanzerte Raketenwerfer sowie die Antenne der nationalen Radio- und TV-Anstalt zerstört worden.

Ban: UN ist keine Konfliktpartei

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte in New York, die UN seien keine Konfliktpartei in dem Land. Die UN-Blauhelme kämpften für keine Seite, sondern verteidigten sich nur selbst und schützten Zivilisten. "Alles geschieht in völliger Übereinstimmung mit den entsprechenden UN-Resolutionen." Bans Sprecher bestritt, dass UN-Hubschrauber den Präsidentenpalast in Abidjan mit Raketen angegriffen hätten. "Es waren ausschließlich Angriffe auf schwere Waffen, so wie es die Resolutionen vorsehen."

Die humanitäre Lage in dem westafrikanischen Land werde immer schlimmer. In Abidjan, der größten Stadt, könnten die meisten Krankenhäuser nicht mehr arbeiten. Hilfe im übrigen Land sei schwierig, weil viele Regionen unzugänglich seien, so Ban.

Russland hat aus Protest gegen die Beteiligung von UN-Soldaten an den Kämpfen eine Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates verlangt. Dabei will Moskau vor allem die Angriffe von Blauhelmsoldaten und französischen Truppen gegen Stellungen Gbagbos untersuchen lassen. Die UN-Soldaten seien zu Neutralität und Unparteilichkeit verpflichtet, meinte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte Gbagbo auf, den Willen seines Volkes akzeptieren und den Weg für eine friedliche Zukunft des Landes freizumachen.

Internationaler Strafgerichtshof untersucht Massaker

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag (IStGH), Luis Moreno-Ocampo, will mögliche Menschenrechtsverbrechen in Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste) untersuchen lassen. Er überprüft Informationen zu einem Massaker, das Truppen von Ouattara begangen haben sollen. Er wolle ein formelles Ermittlungsverfahren einleiten, kündigte Moreno-Ocampo am Dienstag an. In der Stadt Duekuoe wurden laut Berichten der Hilfsorganisation Caritas in der vergangenen Woche in einem von Truppen des international anerkannten Präsidenten Alassane Ouattara besetzten Stadtteil 1.000 Menschen umgebracht.

Bisher sei noch nicht klar, wer für das Massaker verantwortlich sei, sagte Moreno-Ocampo. "Wir sind besorgt über die jüngsten Informationen über massive, im Westen der Elfenbeinküste begangene Gräueltaten", sagte der Chefankläger. Der abgewählte Präsident Laurent Gbagbo habe die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes anerkannt und Ouattara habe diese bestätigt. Deshalb würden nun Informationen gesammelt, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, sagte er. (APA/Reuters)