Am Mittwoch startet der brisante Ruby-Prozess, am Dienstag beantragten Mailänder Richter ein weiteres Verfahren. Seine Verbündeten setzen nun auf das Parlament.

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Herbe Enttäuschung für die Kamerateams aus aller Welt: Im medienträchtigen Ruby-Prozess gegen Regierungschef Silvio Berlusconi bleiben Fernsehteams und Fotografen am Mittwoch "aus Sicherheitsgründen" ausgesperrt. Aufregende Bilder entgehen ihnen allerdings nicht. Der Hauptangeklagte wird ebenso fehlen wie seine beiden Verteidiger, die sich durch einen Kollegen ersetzen lassen. Zum Auftakt des brisanten Verfahrens, bei dem es um Sex mit einer Minderjährigen geht, stehen formalrechtliche Fragen wie Termine und Zeugenlisten auf dem Programm. Die Staatsanwälte fordern die Anhörung von 136, die Verteidiger von 78 Zeugen.

Auch dem Untersuchungsverfahren um Steuerbetrug in Berlusconis Unternehmen Mediatrade blieb der Premier am Montag fern. Die Staatsanwälte forderten erwartungsgemäß die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens gegen den Regierungschef und elf Mitangeklagte. Doch über die Zukunft der vier Prozesse gegen den Cavaliere wird nicht im Mailänder Gericht, sondern in der römischen Kammer entschieden.

Dort will das Rechtsbündnis heute, Dienstag, die Zuständigkeit der Mailänder Richter vor dem Verfassungsgericht anfechten. Erklären die Höchstrichter den Einspruch für zulässig, könnte das Verfahren in Erwartung des Urteils um einige Monate verschoben werden. In jedem Fall dürfte der Prozess kaum vor Ende Mai fortgesetzt werden: Wegen seiner Regierungsverpflichtungen steht Berlusconi dem Gericht nur an Montagen zur Verfügung - und etliche Montage sind bereits für andere Prozesse vorgesehen.

Am Dienstag will "die meistverfolgte Persönlichkeit des Universums" (Berlusconi über sich selbst) noch einen weiteren Versuch unternehmen, sich seinen Prozessen zu entziehen. Das Rechtsbündnis will die Abstimmung über die Verkürzung der Verjährungsfristen im Parlament beschleunigen. In diesem Fall könnte das Gesetz bereits in dieser Woche von der Kammer verabschiedet werden. Die Genehmigung durch den Senat wäre nur noch eine Formsache.

Damit würde der Prozess um die Bestechung des Anwalts David Mills bereits im Juni wegen Verjährung eingestellt. Die Hardliner im Lager des Premiers geben sich damit freilich nicht zufrieden. Sie haben einen Gesetzentwurf formuliert, der Gerichten Ermittlungen gegen Regierungsmitglieder kurzerhand untersagt. Berlusconis Verteidiger warnen vor einem neuen Immunitätsgesetz für den Premier. Es handle sich um eine "unpopuläre Maßnahme".
(Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 5.4.2011)