Nanti Olip: "Seit ich hier in Kärnten lebe, hoffe ich, dass dieses Land Staatsvertragskonformität an den Tag legt."

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Im Gespräch mit derStandard.at kritisiert Nanti Olip, Vizeobmann des Rat der Kärntner Slowenen, die 17,5-Prozent-Marke für zweisprachige Ortstafeln in Kärnten. Er erzählt dabei, wie die Bundesregierung mit ihrem Verhandler Josef Ostermayer und dem Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler mittels Parallelverhandlungen und dem Ausspielen der "finanziellen Karte" vorgingen, um die "schlechteste aller Varianten" durchzusetzen. Die Fragen stellte Katrin Burgstaller.

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derStandard.at: Dem Vernehmen nach wollten Sie als einziger Slowenen-Vertreter die Ortstafel-Verhandlungen verlassen. Angeblich, weil man versuchte, versprochene Gelder an die Zustimmung zur Ortstafel-Lösung zu binden.

Olip: Nicht nur das. Für mich war die Entscheidung klar, als vor allem Staatssekretär Josef Ostermayer die 17,5-Prozent-Marke zur Lösung der Topographiefrage festgenagelt hat. Ich hätte mir von einem Vertreter der Bundesregierung erwartet, dass er zumindest in der Nähe der Staatsvertragskonformität bleibt.

derStandard.at: Was hat es mit der Bindung an Gelder auf sich?

Olip: Anlässlich der Feiern zum 10. Oktober 2010 hat die Bundesregierung eine Abstimmungsspende (zum 90-jährigen Jubiläum der Volksabstimmung, Anm. d. Red.) von rund vier Millionen Euro im Parlament beschlossen. Wobei die Hälfte den Gemeinden des Abstimmungsgebietes zu Gute kommen sollte, die zweite Hälfte den Institutionen der Volksgruppe.

Mit dem Hintergrundwissen um die finanzielle Situation ganz wichtiger slowenischer Einrichtungen, wie der slowenischen Musikschule, hat man dank der übermittelten Unterlagen bestens Bescheid gewusst. Diese Institutionen stehen mit den Rücken zur Wand und wir mit ihnen. Genauso verhält es sich mit den zweisprachigen Kindergärten - ohne sie gibt es keine Zukunft. Es war alles andere als eine vornehme Art, das in die Gespräche mit reinzunehmen: Entweder es kommt zur Zustimmung oder es steht alles.

derStandard.at: Wer hat auf Sie diesbezüglich den größeren Druck ausgeübt? Staatssekretär Ostermayer oder Landeshauptmann Dörfler?

Olip: Den größeren Druck, weil es auch um ein größeres finanzielles Volumen geht, hat Ostermayer ausgeübt. Aber auch Dörfler hat die finanzielle Karte ausgespielt, auch das Land Kärnten finanziert die Kindergärten mit.

derStandard.at: Es gab auch Parallelverhandlungen?

Olip: Ja, es gab Vieraugengespräche nach dem Beichtstuhlverfahren. Einzelne Slowenen-Vertreter wurden zu Landeshauptmann Dörfler und zu Staatssekretär Ostermayer gerufen. Was da passiert ist, weiß ich nicht. Die Verhandlungen wurden im kleinsten Kreis geführt. Ich gehe davon aus, dass der Druck von Stunde zu Stunde erhöht wurde.

derStandard.at: Unter den Kärntner Slowenen gibt es die Befürchtung, man wolle die Kärntner Slowenen gegeneinander ausspielen.

Olip: Die Gefahr hat durchwegs bestanden. Aber wir sind sehr einheitlich mit klaren Vorstellungen in die Verhandlungen gegangen. Letztendlich stellte sich heraus, dass die Verhandlungen nur Scheinverhandlungen waren. Das Endergebnis stand bereits am Vorabend des ersten Verhandlungstermines fest.

derStandard.at: Ob die Slowenen-Vertreter für oder gegen das Verhandlungsergebnis sind, wird sich nach der Volksgruppentagung zeigen. Alle Jungendorganisationen der Kärntner Slowenen haben sich bereits dagegen ausgesprochen. Was ist das für ein Vorzeichen?

Olip: Das wäre für uns Auftrag genug, noch einmal mit ernsthaften Verhandlungen zu beginnen.

derStandard.at: Möglich ist auch, dass sich die Bundesregierung über die Kärntner Slowenen hinwegsetzt und mit einer Zweidrittel-Mehrheit der 17,5-Prozent-Regelung zustimmt. Was bedeutet dieses Szenario für die Kärntner Slowenen?

Olip: Dann ist die Bundesregierung gefordert, zumindest diesen verbleibenden beschämenden Rest dessen, was man uns nach 56 Jahren Nicht-Umsetzen des Staatsvertrages noch zubilligt, umzusetzen. Selbst da bin ich ein schwerer Zweifler, dass es zum ersten Mal in der Zweiten Republik gelingen sollte, die schlechteste aller Varianten tatsächlich umzusetzen.

derStandard.at: Es gibt auch die Idee, dass man die Kärntner zu einer Volksabstimmung ruft.

Olip: Das ist eine Schnapsidee. Das hätte die Kärntner Landesregierung in den letzten Jahren schon haben können. Viel mehr als ein weiteres Erpressungsszenario ist das nicht. Seit ich hier in Kärnten lebe, hoffe ich, dass dieses Land Staatsvertragskonformität an den Tag legt. Ich hätte es gerne erlebt und wünsche es vor allem meinen Kindern.

derStandard.at: Glauben Sie, dass Sie das noch erleben?

Olip: Unter den derzeitigen Vorzeichen nicht. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 4. April, 2011)