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Nabil Elaraby

Foto: Reuters/Dalsh

Ein Problem hat die ägyptische Übergangsregierung gewiss nicht: einen Gästemangel. Bald nach dem Ende des Regimes von Hosni Mubarak hat die Besucherwelle etwa aus der Europäischen Union eingesetzt - die Frage des Standard, ob denn alle betonen, wie sehr sie das frühere Regime verabscheut haben, wehrt der neue ägyptische Außenminister jedoch fast entsetzt ab.

Denn die Realpolitik hat Nabil Elaraby auch selbst schon eingeholt, so sagt er im Gespräch, dass er bedauert, nicht mehr zu Libyen und anderen Ländern in der Region - "die ich nicht nennen werde" - ausholen zu können, um die Interessen der dortigen ägyptischen Staatsbürger zu schützen. Direkt vor dem Standard empfing Elaraby einen Ägypter und dessen Familie, den die ägyptische Diplomatie soeben aus einem syrischen Gefängnis geholt hat: Er hatte Demonstrationen fotografiert.

Nabil Elaraby, Jahrgang 1935, ist ein auch bei der ägyptischen Demokratiebewegung hoch angesehener Diplomat und Jurist mit einer internationalen Karriere, also einer, der nichts mehr werden muss. Gerade durch seine internationale Tätigkeit ist er gut vernetzt, auch in Österreich kennen ihn viele. Österreich hatte seine Kandidatur für einen Richterposten am Internationalen Gerichtshof in Den Haag unterstützt, den er von 2001 bis 2006 innehatte. Zuvor saß er seit 1994 in der International Law Commission der Uno. Seit 2005 ist er Mitglied im Internationalen Schiedsgerichtshof in Den Haag. Seine Tätigkeit in Schiedsgerichtsgremien inkludiert etwa den Streitfall um das Gebiet von Abyei zwischen Nord- und Südsudan. In Kairo ist Elaraby auch an einer internationalen Rechtsanwaltskanzlei beteiligt.

Dem ägyptischen diplomatischen Dienst war Elaraby beigetreten, kurz nachdem er sein Jus-Studium mit einem Doktorat an der New York University Law School gekrönt hatte. Er machte Karriere und wurde Kairos Botschafter in Genf und in New York.

Als junger ägyptischer Diplomat nahm Elaraby an den Verhandlungen mit Israel in Camp David teil und erlebte die anschließende Isolation Ägyptens, inklusive Suspendierung durch die Arabische Liga - eine der Folgen war ja 1981 die Ermordung von Präsident Anwar al-Sadat, dem sein Vizepräsident Hosni Mubarak nachfolgte. Heute ist eine der häufigsten Fragen, die Elaraby gestellt werden, ob Ägypten den Vertrag irgendwie infrage stelle. Als Völkerrechtler weiß er genau, wie er darauf zu antworten hat.

Das neue Ägypten geht auch soeben einen Versuch an, die innerpalästinensische Versöhnung voranzutreiben: Auf die Frage, ob der Außenminister diesbezüglich optimistisch sei, kommt eine typische, knochentrockene Antwort: "Diese Wörter - optimistisch und pessimistisch - pflege ich nicht zu benützen. Wir tun eben, was wir können." (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 4.4.2011)