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Daniel Spoerri.

Foto: APA/Ludwig Schedl

Hadersdorf - Vor rund 20 Jahren hat Daniel Spoerri begonnen, in einem 14 Hektar großen Gelände südlich von Siena einen Skulpturengarten anzulegen. Mittlerweile gibt es 103 Kunstwerke. Aber nur ein Drittel der Arbeiten stammt von Spoerri selbst: Der Meister der Fallenbilder, der vor ein paar Jahren nach Wien übersiedelte, lud 50 Künstlerfreunde ein, ihre Ideen im Giardino zu realisieren.

Vor einer Woche wurde in der Toskana die Saison eröffnet. Und am Samstag lud Daniel Spoerri nach Hadersdorf am Kamp. In diesem pittoresken Ort erwarb der rumänisch-schweizerische Künstler 2009 auf der Suche nach einem Depot für sein umfangreiches Werk zwei Häuser. Das eine, eine ehemalige Poststation, gestaltete Spoerri, der Erfinder der Eat-Art, zum Esslokal um. Und das andere mit dem Renaissance-Erker, einst Freihof des Stiftes Hohenfurth, dient als Ausstellungshaus.

Hier ermöglicht Spoerri, der unermüdliche Sammler, einen Überblick über sein fantasievolles und oft sanft ironisches Werk. In der Scheune sind z. B. Stelen aus Fleischwölfen zu sehen, im Garten Assemblagen aus alten Gartensesseln. Und vor dem Haus steht ein zusammengepresstes Knäuel aus Fahrrädern - mit dem Titel Donauradwanderweg (2010).

Aber auch in Hadersdorf möchte Spoerri sein Umfeld präsentieren. Letzten Sommer zeigte er Arbeiten seiner Lieblingskünstlerin Eva Aeppli, die im Giardino mehrfach vertreten ist; im Mai wird André Thomkins folgen. Gegenwärtig ist die aktualisierte Ausstellung Raritätenkabinett der Künstler des Giardino zu sehen: Anhand von Modellen, Skizzen, Briefen und Fotos der Skulpturen bekommt man einen guten Eindruck von Spoerris Wundergarten.

In seiner Eröffnungsrede betonte der Bildhauer Jürgen Knubben, von dem die 74. Arbeit im Giardino stammt, dass keine Grenzen vorgegeben sind: "Es findet sich dramatisch Inszeniertes wie Olivier Estoppeys 160 Betongänse, die den Hang hinuntergetrieben werden, und Skulpturen, die scheinbar beiläufig aus dem Unterholz auftauchen. Spektakuläres gesellt sich zu Stillem, Abstraktes zu Figürlichem, Überdimensioniertes zum Kleinformat, Dynamik zu lastender Schwere, Spielerisches zu existenzieller Gewalt."

Ein besonderes Vergnügen ist es natürlich, sich von Spoerri durch die Ausstellung führen zu lassen. Denn er erzählt, wie es zur Plastik der Versponnenen Leserin nach einer Zeichnung von Roland Topor, einem seiner besten Freunde, kam und wieso diese leider doch nicht ganz der Vorlage entspricht. Er erklärt, warum Dani Karavan gerade den vom Blitz gespaltenen Olivenbaum für seine Intervention auswählte: weil die beiden Teile Adam und Eva symbolisieren.

Der Stein des guten Glücks

Und wieso ist auch Goethe als Künstler vertreten? Der Dichterfürst hatte in Weimar eine Kugel (Symbol für Fortuna) auf einen Kubus (Symbol für das Haus) setzen lassen. Dieser Stein des guten Glücks ist für Spoerri "die erste abstrakte Skulptur der Neuzeit": Er war derart begeistert, dass er sie in Travertin nachbauen ließ.

Das Massengrab der Klone, fünf Gliederpuppen aus Bronze hinter einer Mauer, möchte Daniel Spoerri übrigens auch in Hadersdorf realisieren - als Kommentar zu einem düsteren Kapitel: Im April 1945, in den letzten Kriegstagen, entließ der Direktor von Stein die Gefangenen. Auf den Weg nach Wien wurden sie in Hadersdorf, wo sie sich nach dem Weg erkundigten, kaltblütig erschossen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD/Printausgabe 4.4.2011)