Surfen einmal anders: Holger Hassenpflug, vierfacher österreichischer Staatsmeister, reitet eine Welle auf der Donau oberhalb von Linz. Geblieben ist es beim Versuch. Die MS Eduard, ein Eisbrecher, hatte wohl zu wenig Power

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Martin Roll, die einstige Nummer 17 Europas.

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Wien - "Die Welle hat sich locker vier Meter aufgetürmt", erzählt Martin Roll, und er hat das Tosen wieder in seinen Ohren und die weiße, salzige Gischt vor dem geistigen Auge. Zehntausende Wellen hat der 34-jährige Grazer schon gesurft, einige haben ihn auch abgeworfen. Aber an die eine, im April 2004 auf den Hinako-Inseln vor Sumatra, kann sich Roll, der "mindestens 17 Mal" in Indonesien auf Surftrips unterwegs war, genau erinnern. "Von drei Metern Höhe bin ich aufs messerscharfe Riff geknallt. Beim Auftauchen hat mich gleich die nächste Welle wieder runtergedrückt. Ich war fast eine Minute unter Wasser und hab eigentlich schon abgeschlossen gehabt."

Das Wasser ließ Martin Roll dann doch noch fast unverletzt freikommen. Los ließ es ihn aber nicht mehr. Seit sieben Jahren betreibt der Steirer, der mit den weltbesten Profis tourte und mit Fotografen und Kameraleuten die entlegensten Surfstrände erkundete, ein Surfcamp in Portugal. Das kleine Fischerdörfchen Ericeira nördlich von Lissabon ist mit reitbaren Wellen für Anfänger und Fortgeschrittene gesegnet. Die Wellen haben über den kalten Atlantik genug Zeit, sich zu ordnen und zu entwickeln.

Ordnen muss auch Roll, und zwar die Buchungen. Der Surfsport in Mitteleuropa boomt, 400 Willige kommen pro Saison in sein Camp - Tendenz steigend. Den Hauptanteil bilden Österreicher, die Gefallen an den Meereswellen finden, die es zu Hause ja nicht gibt. "Vor ein paar Jahren war ich selbst noch 350 Tage im Jahr im Wasser. Jetzt sind es nur mehr 100 Tage."

Roll ist bei weitem nicht der Einzige aus dem Binnenland Österreich, der sein Leben den Wellen gewidmet hat. Im Februar war Roll den Badener Peter Ottinger besuchen, der Surfen in Costa Rica lehrt. "Ich wollte endlich wieder warmes Wasser ohne Neoprenanzug surfen", sagt Roll. Das kann man auch bei Rudi Hajek auf Bali, oder bei Philipp Lamprecht in Rio de Janeiro.

So weit muss man aber gar nicht wegfahren. Roll: "Wenn die Wetterbedingungen passen, kann man auch in Lignano oder in Kroatien surfen. Für Anfänger reichen die Wellen locker." Auf Sardinien und Korsika seien die Surfbedingungen sogar 250 Tage im Jahr konstant.

Auch in Österreich können Wellen geritten werden. Und angesichts der anhaltend hohen Temperaturen ist die Surf-Community derzeit in freudiger Erwartung. Weil die Schneeschmelze Flüsse anschwellen lässt, entstehen bei Unebenheiten im Flussbett Wellen, die immer an derselben Stelle brechen. Menschen in Neoprenanzügen, die diesen stehenden Wellen entgegenpaddeln und minutenlang auf ihnen reiten, findet man in der Mur in Graz, in der Ybbs in Damberg und Matzendorf oder auch im Almkanal in Salzburg.

Wellenreiten in Innsbruck

"Ab August gibt es auch eine Welle in Innsbruck", freut sich Johnny Nesslinger, Präsident des österreichischen Surf-Verbandes (Austrian Surfing). An der Mündung von der Sill in den Inn wird eine Rampe gebaut, die Wasserspaß in einer stehenden Welle möglich machen soll.

"Riversurfen ist eine echte Chance für uns", sagt der 35-Jährige, dessen Verband 450 Mitglieder zählt. "Leider bekommen wir keine Förderungen. Und für Sponsoren ist unser Markt noch zu klein."

Das Potenzial an Wellen ist freilich noch lange nicht ausgeschöpft. Außerdem gibt es noch genug Naturgebiete, die die lokalen Surfer aber gerne für sich behalten. "Da ist es nicht anders als bei den Surfern im Meer, die ihre 'secret spots' ungern weitererzählen", sagt Nesslinger.

Auch Surfkollege Martin Roll hat noch einiges geplant, und fast nichts davon kommt ohne Wasser und Wellen aus. Im September 2010 versuchte er sich mit Freunden - und mit Red Bull als Sponsor - als erster Surfer in der Donau. Mit einem angemieteten Boot, der MS Eduard, wollte man surfbare Wellen erzeugen, die am Kiesbett entlang brechen. Das Projekt ist vorerst gescheitert. "Der Tiefgang des Bootes war zu gering, die Welle zu klein. Vielleicht probieren wir es noch einmal." Den pitschnassen Ruderern im Fluss war die Welle freilich hoch genug. (DER STANDARD Printausgabe, 4.4.2011)