Nicht nur der ÖVP, der Politik insgesamt wurde großer Schaden zugefügt. Eine Obmanndiskussion benötigen wir nicht. Pröll ist die richtige Person für das Amt.

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Standard: Die ÖVP-Basis fühlt sich nach dem Auffliegen der Lobbyismus-Machenschaften von Ernst Strasser gefrotzelt. War der Umgang mit der Causa richtig?

Platter: Parteiobmann Josef Pröll hat sofort reagiert, als die Machenschaften bekannt wurden. Ich habe eingefordert, dass Strasser - wenn sich die Vorwürfe als richtig herausstellen - auch aus unserer Partei geworfen wird. Ich schäme mich für diese Vorgänge. Das muss restlos aufgeklärt werden, das sind wir den kleinen Funktionären schuldig. Auch im Fall Ranner war es dringend notwendig zu reagieren. Das Ganze ist eine sehr unerfreuliche Situation, das muss den betroffenen Damen und Herren bewusst sein. Nicht nur der ÖVP, der Politik insgesamt wurde ein großer Schaden zugefügt. Umso mehr müssen wir daran arbeiten, dass die Menschen wieder mehr Glaubwürdigkeit in der Politik erwarten können.

Standard: Als Nachfolger von Lobbyist Strasser wird jetzt der Lobbyist Hubert Pirker eingesetzt. Ist die Optik nicht sehr schräg?

Platter: Ich vertraue Generalsekretär Kaltenegger, dass er alles überprüft, alle notwendigen Unterlagen eingesehen hat. Und wenn alles in Ordnung ist, kann Pirker nicht vom Amt ausgeschlossen werden.

Standard: Tut es weh, dass Korruption ein Teil der Politik zu sein scheint?

Platter: Es gibt hier null Toleranz. Gerade in der Politik. Man geht bei Rot einfach nicht über die Straße. Gerade Politiker müssen Vorbilder sein. Ich fordere eine scharfe Vorgangsweise bei unlauteren Geschäften in der Politik. Sonst wird die Bevölkerung der Politik eine Absage erteilen.

Standard: Ernst Strasser war ja kein Unbekannter in seiner Partei. Waren seine Geschäfte wirklich nicht bekannt?

Platter: Ich wusste nichts davon und Sepp Pröll auch nicht. Seine Machenschaften wurden durch das Video der Journalisten der Sunday Times bekannt. Jetzt im Nachhinein wird natürlich viel vermutet.

Standard: In Tirol hat Strasser für die ÖVP-nahe Agentur Hofherr gearbeitet. Diese macht immer wieder Kampagnen für landeseigene Unternehmen wie die Tiwag. Wird Hofherr weiter Aufträge aus dem politischen Umfeld bekommen?

Platter: Ich hab diesbezüglich schon einen klaren Schritt gesetzt. Die Firma Hofherr ist nicht mehr Auftragnehmer der Tiwag. Es gibt auch keinerlei Geschäftsbeziehung zu Ernst Strasser. Ich habe hier eine konsequente Einstellung. Es darf nichts passieren, weder in der ÖVP noch in der SPÖ, was in die Nähe "dieses Geruches" (Anm.: von Lobbyismus) kommt.

Standard: Würde für Sie ein Job als Lobbyist infrage kommen?

Platter: Nein, niemals. Ich will jedoch nicht sagen, dass Lobbying grundsätzlich etwas Falsches ist. Es gehört aber sauber und transparent gearbeitet. Es braucht klare Regeln.

Standard: Die Landeschefs stellen sich hinter ÖVP-Chef Pröll. Man liest aber auch, er sei "angezählt". Würden Sie den Parteiobmann und/oder Vizekanzler machen?

Platter: (lacht laut) Die schönste politische Beschäftigung für mich ist der Landeshauptmann! Eine Obmanndiskussion benötigen wir überhaupt nicht. Sepp Pröll ist die richtige Person für dieses Amt, und ich freue mich auf seine Rückkehr aus dem Krankenstand. Der letzte große Durchbruch auf Bundesebene - die Einigung über den Stabilitätspakt und die Einführung des Pflegefonds - trägt seine Handschrift. Und wenn die Zusammenarbeit zwischen den Regierungspartnern SPÖ und ÖVP funktioniert, dann wird auch die Koalition wieder Fahrt aufnehmen. Die Regierung sollte ohne Sticheleien arbeiten. Ansonsten gewinnt die FPÖ noch mehr dazu.

Standard: Josef Pröll war das liberale Feigenblatt der ÖVP, der Leiter der Perspektivengruppe. Was ist von der Aufbruchsstimmung geblieben? Was bremst ihn so?

Platter: 2009 war Pröll der unumstrittene Star der Regierung. Er hat die Republik als Finanzminister aus der Krise gebracht. Er war in der ÖVP der "Hero". 2010 ist, das muss offen gesagt werden, ein Fehler passiert. Pröll hat aus Rücksicht auf diverse Wahlen zu lange mit dem Budget gewartet. Und gleichzeitig haben alle Wähler gewusst: Es kommt was auf uns zu. Das war ein Fehler. Aus dem muss man lernen. Hier müssen wir offensiver werden.

Standard: Wie schaut es um die personellen Reserven in der VP aus? Die karenzierte Lienzer Gemeinderätin Verena Remler schweigt jetzt eben als Staatssekretärin zu wichtigen Themen, die kann sich auch nicht richtig profilieren.

Platter: Mit Remler wurde unanständig umgegangen. Es wurde in Wien der Versuch gestartet, sie zu verunsichern. Minister Mitterlehner wird ihr mehr Spielraum geben müssen. (Verena Langegger, DER STANDARD; Printausgabe, 2./3.4.2011)