Ansichtssache
Oslo: Wenig Stadt, viel Natur
Ein Frühlings-Spaziergang durch Norwegens Hauptstadt, die zwar nicht als schönste, dafür aber als grünste Metropole Europas gilt
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Die Skisprungschanze Holmenkollen ist ein guter Ausgangspunkt für eine Tour duch Norwegens Hauptstadt Oslo: Sie liegt auf einer Anhöhe über der Stadt, ist ganz einfach per U-Bahn (T-bane) erreichbar und gilt als DAS Wahrzeichen der 600.000-Einwohner-Stadt. Von 23. Februar bis 6. März war sie Austragungsort der Ski-WM in den nordischen Disziplinen.
Von hier oben hat man einen guten Ausblick über die angeblich "grünste" Stadt Europas. Mit 545 Quadratkilometern ist sie gleichzeitig eine der flächenmäßig größten Metropolen des Kontinents. Nur rund ein Drittel der Stadt ist überhaupt bewohnt, mehr als die Hälfte der Fläche ist mit Wald bedeckt, der Rest besteht aus Wiesen und 343 Seen.
Langläufer oder Skifahrer sind auch in der Innenstadt kein seltener Anblick: Von hier aus gelangt man mit der T-bane in 20 Minuten in die Natur, wo im Winter 2.000 Kilometer gespurte Langlaufloipen und im Sommer 1.200 Kilometer Wanderwege warten.
Als Herz des Stadtzentrums gilt die Karl Johans Gate, eine knapp zwei Kilometer lange Flaniermeile, die Hauptbahnhof, Parlament und das königliche Schloss verbindet. Sie wurde 1814 im Auftrag des schwedisch-norwegischen König Karl Johan als Prunk-Boulevard erbaut.
Direkt an der Karl Johans Gate liegt das norwegische Parlament, das den Namen "Stortinget" trägt. Wörtlich übersetzt heißt das so viel wie "große Versammlung",169 Abgeordnete entscheiden hier über künftige Gesetze.
Oslo gilt nicht gerade als die schönste Hauptstadt Europas. "Oslo ist weder das Venedig Skandinaviens noch das Stockholm Norwegens" schrieb einst ein deutscher Journalist. Im Rathaus wird jedes Jahr am 10. Dezember der Friedens-Nobelpreis verliehen. Vor einigen Jahren kam es bei einer Diskussion über Oslos Architektur als einziges Gebäude auf die Liste der schönsten UND der hässlichsten Bauwerke der Stadt.
Vom Rathaus ist es nicht weit zum Nobel-Friedenszentrum, das 2005 anlässlich der 100-jährigen Selbständigkeit Norwegens eröffnet wurde. Neben einer ständigen Ausstellung über den Friedens-Nopelpreis wird im Erdgeschoss über den jeweils aktuellen Preisträger informiert. 2010 erhielt der chinesische Bürgerrechtler Liu Xiaobo den Preis, der bei der Verleihung jedoch nicht anwesend sein konnte, weil er im Gefängnis saß.
Der Stadtspaziergang führt weiter Richtung Hafen, wo das ehemalige Werftgelände zur Einkaufs- und Flaniermeile Aker Brygge umgebaut wurde. Wenn nach dem langen Winter die ersten Sonnenstrahlen hervorblitzen, werden Decken und Felle auf die Stühle der Straßencafés gelegt und man trifft sich zu Kaffee und Waffeln.
"We make Wraps, not War" ist auf einem Schild vor einem der zahlreichen Cafés zu lesen. Die Norweger lieben übrigens Kaffee: Statistisch gesehen trinkt jeder der 4,8 Millionen Norweger täglich vier Tassen des Getränks aus "Pech und Schwefel", wie Jules Verne einst den norwegischen Kaffee bezeichnete.
Wer dem Kaffeegeruch folgt, findet sich ein paar Bus-Stationen später in Grünerlokka, dem angesagtesten Viertel der Stadt. Entlang dem Fluss Akerselva, wo sich im 19. Jahrhundert die Industrie angesiedelt hatte, hat sich heute eine alternative Szene mit angesagten Cafés, Restaurants, Second-Hand-Läden und anderen Geschäften etabliert.
Noch ein letztes Gebäude, bevor es in Oslos beliebtesten Park geht: Das neue Opernhaus wurde 2008 eröffnet und liegt nicht weit des Hauptbahnhofs. Das Konstrukt aus Beton, Marmor, Glas und Holz ist einem treibenden Eisberg nachempfunden und ragt aus dem Oslofjord hervor. Vor allem im Sommer wird das begehbare Dach als Treffpunkt genutzt. Von hier aus blickt man auf die vielen Baukräne und Straßenarbeiten, rund um die Oper soll ein neues Szeneviertel entstehen.
Eine der meistbesuchten Attraktionen Oslos und ganz Norwegens ist der Vigelandsparken. Die Wege des Parks sind von knapp 200 Skulpturen mit 600 Figuren des Bildhauers Gustav Vigeland (1869 bis 1943) umsäumt. Hier drehen Jogger ihre Runden, im Sommer treffen sich die Osloer zum Picknicken.
Ein zentrales Werk des Parks ist ein Menolith aus verschlungenen, nackten Menschenleibern. Auf den Stufen, die zu dem Menolith führen sitzen 121 Figuren, die Menschen in verschiedenen Lebenssituationen und Altersstufen darstellen.
Bus Nummer 30 fährt vom Zentrum auf die Museums- und Badeinsel Bygdoy. Auch per Fährboot oder Rad ist die Halbinsel im Oslofjord im Sommer zu erreichen. Am Bild: Blick von Bygdoy auf die Stadt. Im Oslofjord liegen übrigens rund 40 Inseln, die im Sommer zum Baden genutzt werden.
Aber noch ist es nicht soweit, die Stadt taut gerade erst aus ihrem Winterschlaf auf. Die Wanderwege im Königswald kann man aber auch im Winter und Frühling nutzen. Die Hälfte der Halbinsel gehört zum hier beheimateten Königlichen Gutshofes.
Einer der Wege führt zur Paradisbukta, die auch in der kalten Jahreszeit zum Verweilen einlädt.
Auf Bygdoy befinden sich einige der berühmtesten Museen der Stadt, wie zum Beispiel das Wikingerschiff-Museum. Hier sind Grabfunde ausgestellt, die zwischen 1876 und 1904 entdeckt wurden. Im Bild ist das Oseberg-Schiff, das um 800 erbaut und rund 50 Jahre später dem Grab der Königin Asa beigelegt wurde. (Maria Kapeller, derStandard.at)