Die Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme zeigt ein refraktäres Metall Nugget mit einer Größe von etwa 600 Nanometern umgeben von präsolaren Siliziumkarbid-Kristallen.

Foto: Thomas Berg

Vor kurzem hat ein internationales Wissenschafter-Team in einer Studie nachweisen können, dass das erste feste Material des Sonnensystems Zuckerwatte-ähnliche Eigenschafte hatte; nun hat eine Gruppe deutscher Forscher dem Bild, das wir uns vom Beginn unserer Planeten machen, einige neue Facetten hinzufügen können: Demnach waren die Keimzellen für die Bildung unserer Planeten sehr wahrscheinlich Staubkörner aus einer unnachahmlichen Mischung verschiedener seltener Metalle. Darüberhinaus konnten die Wissenschafter die Geschwindigkeit rekonstruieren, mit der sich die Gaswolke des solaren Nebels abgekühlt hat.

Die Experten des Instituts für Physik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben die winzigen Teilchen aus der Geburtsphase unseres Sonnensystems in einem Meteoriten ausfindig gemacht, der 1969 über Australien niedergegangen ist. Sie konnten die chemische Zusammensetzung analysieren und anhand dieser Messungen nachvollziehen, wie aus einer sich langsam abkühlenden Gaswolke vor rund 4,6 Milliarden Jahren die ersten Feststoffe unseres Sonnensystems entstanden sind. Die Arbeit hat die ersten Befunde über die sogenannten refraktären Metall Nuggets (RMN) bestätigt und präzisiert. Die Ergebnisse wurden Mitte März auf der 42. Lunar and Planetary Science Conference in Houston, USA, vorgestellt.

Nadel im Heuhaufen

"Es war ein Zufallsfund," sagt Thomas Berg heute über die Entdeckung von einigen hundert RMN in einer Gesteinsprobe des Murchison, eines 100 Kilogramm schweren Meteoriten aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. "Man muss wirklich nach der Nadel im Heuhaufen suchen und wir haben Glück gehabt."

Berg, Mitarbeiter am Institut für Physik der Uni Mainz, hat 2009 in wochenlanger Feinarbeit eine 30-Gramm-Probe des Meteoritengesteins aufbereitet und unter dem Elektronenmikroskop durchforstet. Bei Verdacht auf einen Fund wird das entsprechende Partikel mit einem fokussierten Elektronenstrahl beschossen und das dabei erzeugte Spektrum aus Röntgenstrahlen analysiert. Hieraus lässt sich die chemische Zusammensetzung der Teilchen bestimmen.

"Die ersten RMN wurden 1976 entdeckt und seither gibt es die Vermutung, dass es sich um ursprüngliche Kondensate aus der Kinderstube des Sonnensystems handelt. Aber es waren einfach zu wenige für eine solide Untersuchung." Während in den 35 Jahren seit dem ersten Fund nur einige Dutzend RMN entdeckt wurden, hat Berg auf einen Schlag fast 500 dieser extrem seltenen Metallkörnchen ausfindig gemacht.

Diese Teilchen, die kleiner sind als ein tausendstel Millimeter und eine gleichmäßige, annähernd kugelrunde Form haben, sind wie ein Film aus den Anfängen unseres Sonnensystems: Sie zeigen, wie sich die allerersten festen Bestandteile gebildet haben, aus denen über Jahrmillionen die Planeten, ihre Monde und Asteroiden wurden. "Das Phantastische ist, dass sich unsere RMN seit ihrer Entstehung aus dem solaren Nebel nicht verändert haben", sagt Berg mit einem Hinweis darauf, dass die meisten Meteoriten unter dem Einfluss von Wasser und hohen Temperaturen verändert wurden. "Wir haben hier also die ursprünglichste Materie aus der Entstehungsphase unseres Sonnensystems in den Händen."

Langsame Abkühlung

Dank der großen Anzahl und der unterschiedlichen Zusammensetzungen der gefundenen Metallteilchen konnten die Wissenschaftler rekonstruieren, wie sich die Gaswolke des solaren Nebels von ehemals etwa 1.700 Grad Celsius abgekühlt hat, nämlich um maximal 0,5 Grad pro Jahr in der Entstehungsregion der erdähnlichen Planeten. "Unsere Daten sind im übertragenen Sinne ein Thermometer für die früheste Phase des Sonnensystems." Die enthaltenen Metalle, die mit dem Meteoriten auf die Erde kamen, gehörten wegen ihrer hohen Kondensationstemperaturen von über 1.300 Grad Celsius zu den ersten Stoffen, die aus dem solaren Nebel in die feste Phase übergegangen sind. In ihrer Zusammensetzung sind die RMN einmalig: Wolfram, Osmium, Iridium und Molybdän ergeben eine extrem stabile Legierung, die in dieser Form in keinem Labor der Erde hergestellt werden könnte.

In aktuellen Untersuchungen an der Uni Mainz und am MPI für Chemie wird diesen Metallpartikeln, die auch starken Säuren widerstehen, jetzt in Dünnschliffen des Meteoriten zu Leibe gerückt, um sie so anschließend in ihrer ursprünglichen Umgebung mit Hilfe eines Transmissions-Elektronen-Mikroskops weiter zu untersuchen. Hierdurch sollte es möglich sein, weitere Eigenschaften des solaren Nebels zu rekonstruieren und so letztendlich die ersten Schritte der Planetenbildung besser zu verstehen. (red)