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US-Präsident Barack Obama hat zwar noch keine Entscheidung getroffen, aber der CIA Spielraum in Libyen geschaffen.

Foto: REUTERS/Jim Young

Die CIA hat zusätzliche Agenten nach Libyen entsandt, um Waffenlieferungen an die Rebellen einzufädeln. Wie führende amerikanische Zeitungen berichten, soll es zunächst um eine genaue Einschätzung der Opposition gehen - wer sie anführt, welche Rolle Islamisten spielen, ob es Querverbindungen zur Al-Kaida gibt.

Das Weiße Haus hält sich bedeckt, nachdem schon am Mittwoch durchgesickert war, dass Präsident Barack Obama einer Bewaffnung der Aufständischen im Grundsatz zugestimmt hat. Bereits vor zwei oder drei Wochen, wann genau, ist nicht bekannt, unterschrieb er ein Geheimpapier, das der CIA verdeckte Operationen in Libyen erlaubt - bis hin zur Ausrüstung der Rebellenarmee. Dass bereits Waffen nach Bengasi verschifft wurden, wird vom Pressestab der Machtzentrale indes dementiert. Mit seiner Direktive habe Obama lediglich eine Tür geöffnet. Ob man tatsächlich durch diese Tür gehe, sei noch offen. "Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen", sagt Präsidentensprecher Jay Carney. "Wir schließen nichts aus und nichts ein."

Erinnerungen werden wach

Das amtliche Abwiegeln ändert nichts daran, dass im Kongress wie in den Thinktanks eine heftige Debatte über Pro und Contra der Rüstungshilfe entbrannt ist. "Man kann ihnen nicht einfach Waffen geben", warnt Bruce Riedel, früher CIA-Spion, heute Forscher an der renommierten Brookings Institution. "Sie müssen sich erst organisieren, aus einem undisziplinierten Mob muss eine Kraft werden, die es mit Gaddafis Truppen aufnehmen kann." Im Endeffekt laufe es darauf hinaus, amerikanische Ausbilder nach Bengasi zu schicken.

Vorsichtige Politiker fürchten die Wiederholung eines Kapitels, das in den 1980er Jahren in den afghanischen Flüchtlingslagern in Pakistan begann und heute als klassisches Eigentor gilt: Damals rüsteten die USA die Mudschaheddin mit modernen Stinger-Raketen aus, damit sie die sowjetische Besatzungsmacht am Hindukusch in die Knie zwingen konnten. Einer der Glaubenskämpfer auf den Kontaktlisten der Schlapphüte hieß Osama Bin Laden. Mancher Turnschuhsoldat stieß später zu den Taliban. Verteidigungsminister Robert Gates, der im Streit um eine Flugverbotszone über Libyen zu den Skeptikern zählte, war damals Vizedirektor der CIA.

"Wir brauchen nicht weit zurückzublicken, um Beispiele für unbeabsichtigte Nebenwirkungen unserer Waffenhilfe zu finden", mahnt denn auch Mike Rogers, ein Konservativer, der den Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses leitet. In Afghanistan habe Amerika eine Guerilla unterstützt, über die es zu wenig wusste. "Diesmal dürfen wir nicht überhastet in etwas hineinrutschen, was wir später bereuen." Der Demokrat Gary Ackerman, ein Parlamentsveteran aus New York, hält es dagegen für falsch, der libyschen Opposition ein radikalislamistisches Etikett aufzukleben. "Ein paar solcher Leute mag es geben, aber keine massive Präsenz von Fanatikern."

Folgt man der New York Times, dann unterhielt die CIA einen Außenposten an der US-Botschaft in Tripolis, seit Gaddafi im Zuge des Irakkrieges auf den Westen zugegangen war und die diplomatischen Beziehungen wiederaufgenommen wurden. Mit der Schließung der Vertretung im Februar soll das Personal nach Bengasi beordert und anschließend verstärkt worden sein. Wie viele Agenten sich mittlerweile im Rebellengebiet tummeln, will das Oval Office nicht einmal im Ansatz andeuten. Für etwaige Fragen gibt es einen Standardsatz: "Geheimdienstsachen kommentieren wir nicht." (Frank Herrmann aus Washington, STANDARD-Printausgabe, 1.4.2011)