Graz - An der Karl-Franzens-Universität Graz rumort es gehörig. Dass die Rektorswahl, die für 5. April geplant war, verschoben wurde, kam für einige nicht überraschend. Auslöser für die Vertagung war, wie der Standard berichtete, eine Beschwerde des Politologen und Juristen Joseph Marko bei der Schiedskommission der Universität. Er fühlt sich aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Cartellverband (CV) aus politischen, religiösen und weltanschaulichen Gründen diskriminiert.

Konkret meint der Grazer Professor damit etwa die Nachfrage bei seinem öffentlichen Hearing, ob er sich als Rektor von CV-lern überhaupt genügend abgrenzen könnte. Marko, dessen Präsentation auch von eher links stehenden Zuhörern inhaltlich als „tadellos" gewertet wurde, gab daraufhin an, dass sein Spitzname innerhalb des CVs „Lenin" sei. Am Freitag wird Marko von der Schiedskommission angehört.

Die Vorsitzende des Universitätssenats, Monika Hinteregger, meinte dazu, die Beschwerde Markos könne „seitens des Senats nicht nachvollzogen werden". Vielmehr sei das Verfahren aus Sicht des Senats „transparent und fair abgelaufen".

Kritik an dem Zustandekommen des jetzigen Dreier-Vorschlages, in dem der Montanist Ewald Werner von der TU München, die Gehirnforscherin Christa Neuper und der Rechtshistoriker Martin Polaschek - beide von der Uni Graz - zur Wahl stehen, gibt es aber auch von anderer Seite.

Einige Frauen an der Uni hätten gerne Ada Pellert, einstige Vize-rektorin in Graz und nun Präsidentin der Berliner Universität für Weiterbildung, als Nachfolgerin von Rektor Alfred Gutschelhofer gesehen. Auch dem intern als Favoriten gehandelten Bewerber Christoph Kratky, Präsident des österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, trauern viele nach.

Karin Ondas, bisher zuständig für strategische Projekte des Rektorats, kündigte dieser Tage sogar, weil sie „nicht für einen Rektor arbeiten will, der alles tut, damit die Uni eine Einrichtung wird, die nur von Seilschaften geprägt ist". Ondas glaubt, dass nur unter Marko, Pellert oder Kratky „das System der Seilschaften von Gutschelhofer" ein Ende gefunden hätte.

„System der Seilschaften"

Sie wirft Gutschelhofer vor, dass man in seiner Amtszeit Stellen pro forma ausgeschrieben habe, nachdem man sie bereits interimistisch mit jemandem besetzte, der dann blieb. Außerdem habe sich Gutschelhofer mit der neu geschaffenen Professur für Unternehmensführung, die er am 1. Oktober antritt, quasi noch selbst versorgt. „Es war 2009 ein völlig übliches, transparentes Berufungsverfahren, das von Senat und Uni-Rat genehmigt wurde", heißt es dazu aus dem Rektorat.

Die Kandidaten Neuper und Werner wurden von einem Headhunter gefunden. „Gegen Headhunter habe ich ja nichts", sagt dazu ÖH-Vorsitzender Cengiz Kulac, „aber, dass dasselbe Unternehmen dann auch für die Gutachten beauftragt wurde, die dann genau für Neuper und Werner besonders gut ausfielen, war seitens der Findungskommission nicht seriös". (Colette M. Schmidt, DER STANDARD; Printausgabe, 1.4.2011)