Jennifer Rowe:"Wir müssen kreativer werden"

Foto: derStandard.at/Marietta Türk

"Wir müssen viel kreativer werden um soziale Probleme zu lösen", ist Jennifer Rowe überzeugt. Sie ist Mentorin im aktuellen STANDARD Mentoring Circle, der sich heuer dem Thema "Social Business - Social Responsibility" widmet. Im Gespräch mit derStandard.at/Karriere erklärt sie, warum es soziale Unternehmen braucht und was diese so besonders macht. Mit good.bee hat die Erste Bank eine Initiative für die Förderung sozialer Unternehmen gegründet.

derStandard.at: Was unterscheidet denn Social Businesses von konventionellen Unternehmen?

Rowe: Der größte Unterschied ist der Geschäftszweck. Das Hauptziel eines Social Business ist die Lösung eines sozialen Problems. Oft hängen mit den sozialen auch ökologische Lösungen zusammen. Das schließt aber gleichzeitig Profitorientierung nicht aus. 

derStandard.at: Good.bee greift Social Entrepreneurs beim Start unter die Arme. Wie funktioniert das? 

Rowe: Wir fördern soziale Unternehmen auf zwei verschiedene Arten: wir bieten Finanzdienstleistungen an, aber auch Capacity Building und Know How. Die Startfinanzierung ist keine Spende sondern ein Kredit, den die Unternehmen zurückzahlen. Wir haben zwei Kriterien bei der Vergabe: Der soziale Nutzen und die Kreditwürdigkeit. 

derStandard.at: Was hat die Erste Bank mit Good.Bee davon Social Entrepreneurs zu unterstützen?

Rowe: Social Businesses sind eine Investition in die Gesellschaft. Langfristig sind sie sicher ein Benefit für alle, nicht nur für deren Kunden. Die Erste Bank würde ja 1819 für Menschen gegründet, die keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen hatten und war in dem Sinne auch ein Social Business. Und wie man sieht, ein sehr erfolgreiches. Im Übrigen ist dieses Problem auch im 21. Jahrhundert noch ein Thema.

derStandard.at: Welche Ideen unterstützen Sie? 

Rowe: Wir unterstützen beispielsweise The Hub Vienna, das - nicht nur räumlich - eine Plattform für Social Businesses ist. Ein anderes Beispiel ist der Verein R.U.S.Z. - dort werden alte Waschmaschinen und Geschirrspülmaschinen repariert statt entsorgt. Sobald die Geräte wieder funktionstüchtig sind, werden sie armutsgefährdeten Haushalten günstig verkauft. Auch die Energieklasse der Geräte wird verbessert um so langfristig Kosten der Haushalte zu reduzieren. Zusätzlich ermöglicht der Verein langzeitarbeitslosen Menschen den Wiedereinstieg ins Berufsleben und vermittelt sie an andere Arbeitgeber.

derStandard.at: Sie sind auch Mentorin im aktuellen STANDARD Mentoring Circle. Was wollen Sie Ihren Mentees vermitteln?

Rowe: Ich habe bis jetzt das Glück in meiner Karriere gehabt, dass ich sehr viele Erfahrungen sammeln konnte. Im Umgang mit Teams, in hierarchischen Strukturen und auch im Umgang mit einer männerdominierten Wirtschaft. Ich will meine Erfahrungen an Menschen, die ehrgeizig am Anfang ihres Berufslebens stehen, weitergeben.

derStandard.at: Und was bekommen Sie zurück?

Rowe: Sehr viel. good.bee ist gegründet worden um unkonventionelle, kreative Lösungen zu fördern. Nach ein paar Jahren in einem großen Unternehmen sind kreative Inputs gefragt. Jüngere Menschen können uns wieder aufrütteln, außerhalb der üblichen Rahmen zu denken. Ich bin überzeugt davon, dass jüngere Menschen älteren etwas beibringen können. Denn Erfahrung ist nicht der einzige Weg zu Weisheit.

derStandard.at: Sie sind Amerikanerin. Gehen die USA und Europa unterschiedlich mit dem Thema um?

Rowe: In manchen Ländern macht die Kultur das Gründen von Social Businesses leichter. In den USA gibt es eine starke Unternehmerkultur - egal in welche Richtung. Da spielt die etablierte Risikokultur eine Rolle, die manchmal gut und manchmal schlecht ist. Die USA und Großbritannien sind Kontinentaleuropa in dieser Hinsicht ein paar Jahre voraus. Aber ich bin überzeugt, dass wir in Europa mittlerweile auch starke Wurzeln pflanzen.

derStandard.at: Social Businesses sind erst seit wenigen Jahren stärker Thema in Österreich. Beobachten wir so etwas wie einen "Boom"?

Rowe: Ja hoffentlich, denn die Herausforderungen im sozialen Bereich werden immer größer. Die Welt mit ihren Problemen wird immer komplexer. Langsam merken wir, dass die konventionelle Methode soziale Probleme zu lösen nicht immer funktioniert. Ich bin überzeugt , dass weder der Staat noch die Privaten noch die Wirtschaft alleine das Problem lösen können. Man braucht Unterstützung und Austausch, ein Netzwerk. Und wir müssen viel kreativer sein.

derStandard.at: Gewinn erwirtschaften und Nachhaltigkeit - ist das nicht letztendlich ein Widerspruch?

Rowe: Ein Sozialunternehmer sieht ein Problem und sagt ich will etwas dagegen tun. Es gilt aber die Ausgewogenheit zwischen den sozialen und den kommerziellen Zielen zu finden und weniger auf den Reingewinn zu schauen. Der Gewinn sozialer Unternehmen wird wieder für soziale Zwecke reinvestiert. (Marietta Türk, derStandard.at, 5.4.2011)