Lissabon/Madrid/London - Wegen der drückenden Schuldenlast denkt der zurückgetretene portugiesische Ministerpräsident José Sócrates daran, noch Privatisierungen vorantreiben. Die Fluglinie TAP Portugal könnte gar zum Faustpfand gegen internationale Finanzhilfen werden.

Die scheidende, sozialistische Regierung und mehr noch die konservative Opposition der Sozialdemokratischen Partei (PSD) wollen zumindest Teile der TAP an private Investoren veräußern. "Unumgänglich" wäre ihr Verkauf, wie PSD-Parteichef Pedro Passos Coelho sagte.

Wappnen für Übernahme

Aus Madrid und London deutete das Bündnis von British Airways und Iberia als International Airline Group (IAG) bereits in der Vergangenheit Interesse an, nun wappne man sich für die Übernahme, wie die spanische Wirtschaftszeitung Cinco Dias berichtete. Citigroup-Experten wurden beauftragt, den Wert der TAP zu ermitteln und bis Mai sollen deren Kalkulationen abgeschlossen sein.

Profitieren könnten die interessierten Fluglinien durch die Brasilien-Flüge der TAP und deren starke Präsenz in Afrikas Wachstumsmärkten wie Angola und Mosambik. Hinzu kommt, dass die TAP Portugals Binnenflugmarkt dominiert und rentable Europa-Strecken bedient. In Medienberichte ist auch von weiteren Interessenten die Rede, dazu sollen die Lufthansa, Qatar Airlines oder etwa Brasiliens Gol zählen.

Die TAP, mit der 2005 von ihr übernommenen Portugalia, zählte 2010 erstmals über neun Millionen Passagiere und meldete einen Rekordnettogewinn von 86 Millionen Euro. Mit knapp 14.000 Mitarbeitern wird eine Flotte von 69 Flugzeugen unterhalten, die 78 Flughäfen in über 30 Staaten ansteuern. Zudem laufen Bestellungen für zwölf Airbus-Maschinen der 350er-Serie, die 2014 ausgeliefert werden.

TAP sei wettbewerbsfähiger denn je, sagte der Ökonomen António Alvarenga von Lissabons Idefe-Institut für wirtschaftswissenschaftliche Studien, was Investoren locke. Ihr Verkauf werde aktuell vorbereitet und solle auch "rasch umgesetzt werden". Doch wichtiger, als sich von Staatsbeteiligungen zu trennen, wäre es, wie Alvarenga sagt, ihr Management zu optimieren.

15 Prozent einsparen

Deren tiefrote Zahlen wie etwa der Schuldenberg der Lissabonner Verkehrsbetriebe Carris waren neben verstaatlichten Banken ausschlaggebend für die deutliche Korrektur des Vorjahresdefizits - minus 8,6 Prozent der Wirtschaftsleistung anstelle der Zielmarke von 7,3 Prozent. Sócrates forderte 65 staatliche Betriebe auf, 15 Prozent einzusparen. Belegschaftsstreiks in den letzten Wochen waren die Folge.

Lissabons Metro will nun, wie das Jornal de Negócios berichtet, Betriebszeiten, Wagenanzahl und Frequenz senken. Sehr zum Ärgernis der durch Sparpakete ohnehin gereizten Bevölkerung sollen sieben Millionen Euro monatlich eingespart werden. (jan, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.4.2011)