Die Plexiglasschläuche sind im Grunde nur konstruktives Element von Berhard Leitners Klanginstallation "Serpentinata", vermitteln aber auch ein visuelles Bild des Sound-Erlebnisses.

Foto: Galerie/Corn

Wien – Es ist ein Tor aus Klang, das den Besucher der Ausstellung Earspacebodysound empfängt. Umgeht man es, statt zwischen den hängenden Stahlplatten hindurchzuschreiten, hat es die Anmutung einer Skulptur der amerikanischen Minimal Art. Doch inmitten der metallenen Schwere innehaltend, pulsiert der Ton, greift auf den Körper über, sammelt sich als unruhige Energie im Bauch: Pulsierende Stille.

Der Ton ist Bernhard Leitners Baumaterial. Ein recht ephemeres Konstruktionsmaterial für einen Architekten. Aber dem 1938 geborenen Künstler liegt daran, mit Klängen architektonisch-skulptural zu arbeiten, mit ihnen Räume zu gestalten. Begonnen hat er mit seinen Ton-Raum-Experimenten 1968, als er nach New York übersiedelte – Leitner gilt als Pionier der Klanginstallation. Diese sind weniger im Sinne einer Melodie zu verstehen, als allein dem Hören von Raum verpflichtet.

Das Architekturstudium, sagt Leitner, habe seinen Blick und sein Auge geschärft. Und so gibt er seinen auf Papier minutiös vorbereiteten Klangräumen stets eine visuelle Entsprechung; verleiht ihnen durch reduzierte Formen in Holz oder Metall Gestalt. Viele seiner raumgreifenden Objekte realisierte er für den öffentlichen Raum, so etwa den Cylindre sonore 1987 für den Pariser Parc de la Villette. Leitners Interesse für das Verhältnis von Raum, Klang und Körper spiegelt sich aber auch im aufmerksamen Beobachten architektonischer Hörräume. Er fragt sich etwa, wie Form und Materialität von Baukörpern, etwa barocke Kirchenräume, die Klangqualität bestimmen.

Leitner hatte viele klassische Konzerte besucht, doch als Student wuchs sein Interesse an Neuer Musik – an Stockhausen, Nono, Kagel. Schon damals faszinierten ihn die Grafiken, die musiktheoretische Abhandlungen veranschaulichten. Wie er die abstrakten Systeme zur Niederschrift perkussiver Kompositionen weiterführt, kann man in in seiner Ausstellung in der Galerie Kargl beispielsweise in einem variablen Notationsobjekt sehen.

Ausgestellt ist auch die komplexe Niederschrift seiner Komposition für die 40 Lautsprecher der Serpentinata (2006), die zischende, schnalzende, ploppende Geräusche wie auf einer Achterbahn durch den Raum sausen lässt. Die Buchstabenkolonnen auf Endlospapier gleichen einem Geheimcode, geradezu einem Stück Konkreter Poesie. Die Codes ordnen jedoch Intensität und Geschwindigkeit der frei schwirrenden Töne. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Printausgabe, 31.3.2011)