Das iPad 2 gibt es in zwei Farben

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Der Webbrowser Safari besticht durch Geschwindigkeit

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Die Kameras dienen auch zur Aufnahme von Fotos und Videos...

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Die Qualität der Bilder ist allerdings nicht berauschend...

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Weshalb sich die Kameras vor allem für Spielereien wie Photo Booth und Videochats eignen

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Das Highlight bei den Zubehören ist die neue magnetische Hülle, Smart Cover getauft. Sie dient auch als Stütze.

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Bei der obligatorischen Visite im Apple Store an der Fifth Avenue blieb dem blau gekleideten Verkäufer nicht mehr als ein Lächeln, als ihn drei österreichische New York-Besucher nach dem iPad 2 fragten. Ausverkauft - "everywhere!". Auf die erwartete Enttäuschung folgte die Ermunterung: Wer sich früh genug anstellt, kann das von Wolkenkratzern bezirzende "Wunderding" vielleicht doch ergattern. Gesagt, getan - eine Stunde vor Ladenöffnung am nächsten Tag angestellt und dann von der Realität des Fantums wachgerüttelt. Selbst eine Woche nach dem offiziellen Verkaufsstart schlängeln sich die Massen durch die Gassen des Big Apple, nur um eines der begehrten Tickets zu ergattern, die den Kauf maximal zweier iPads ermöglichen. Ein Absurdum, das erst im zweiten Anlauf in Soho und auch nur dank der besten und motiviertesten Freunde gemeistert werden sollte.

Das Phänomen, die Zweite

Als iPad- und generell Tablet-Skeptiker überkam auch den Autor nicht zuletzt bei der faszinierten Betrachtung der chinesischen "Kampfeinkäufer" die Gier, einen dieser Touchcomputer besitzen zu wollen. Irgendetwas muss doch dran sein an dem Ding, dass hunderte Einzelimporteure aus dem Reich der Mitte einfliegen und sämtliche Bestände aufzukaufen versuchen. Die Ersten reservierten schon am Vorabend mit Schlafsack und Klappstuhl Plätze.

Eine knappe Urlaubswoche in der Stadt, die niemals schläft, hat die Erkenntnis gebracht: Ob nun noch schneller oder mit erhofften neuen Features und schlankerem Design - das iPad ist nach wie vor vor allem Luxus.

Frische Kleider, kompletteres Erlebnis

Das iPad 2 ist in vieler Hinsicht eine Weiterentwicklung. Das Alugehäuse ist schlanker und leichter, es integriert zwei Kameras für Fotos, Videos und Videochats und hat einen schnelleren Prozessor mit zwei Kernen und 512 MB Arbeitsspeicher, die im Zusammenspiel Webseiten, Spiele, Programme und Filme flotter und flüssiger aufbauen bzw. wiedergeben als das Original. Tatsächlich funktionieren die Basics mittlerweile absolut reibungslos. Das aufgespielte Betriebssystem iOS 4.3 wurde nahezu perfekt mit der Hardware verschmolzen. Von Todessemmeln und Sanduhren geplagte Mac und PC-Nutzer werden mit der Idealvorstellung von einem Benutzererlebnis beglückt. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem man an die funktionalen Grenzen stößt - aber dazu später mehr.

Die neue Hardware: Genial mit viel Spielraum in die Breite

Das optimierte Design macht vom geringeren Gewicht, dem stärkeren Motor bis zur clever ausgedachten (optional erhältlichen) Hülle eine ausgezeichnete Figur. Für eine Hand ist das iPad noch immer etwas zu schwer, das Alugehäuse wirkt dafür äußerst robust. Die lange ersehnten und schlussendlich implementierten Kameras reichen für Spielereien mit "Photo Booth" und für niedrig aufgelöste Video-Chats über Skype oder FaceTime. Fotos und Videos sind allerdings von starken Artefakten und geringer Auflösung gezeichnet. Fairer Weise soll angemerkt sein, dass sich das iPad aber schon ob seiner Maße nicht als Kamera eignet. Dennoch hätte etwas mehr Schärfe dem sonstigen Fortschreiten der Technologie Genüge getan. Gerade Selbstportraits sollten doch glänzen.

Was fehlt

Ausbaubedarf gibt es auch beim Display und der Konnektivität. Der Screen besticht zwar durch Helligkeit und einen weiten Betrachtungsspielraum, die Auflösung könnte allerdings gerade für Vielleser höher sein. 1024 mal 768 Bildpunkte stellen Fotos und Videos anstandslos dar, Schriften auf Webseiten oder in eBooks wirken aus der üblichen Lesenähe leicht ausgefranst. Da sind User moderner Smartphones mittlerweile besseres gewohnt.

Nach wie vor setzt Apple auf ein geschlossenes System zur Medien- und Dateiverwaltung. Dazu gehört, dass kein gewöhnlicher USB-Port oder Card-Reader verbaut wurde. Anstatt dessen geschieht die Medienverwaltung strikt über iTunes und externe Datenträger sowie Bildschirme müssen per speziellem Adapter angeschlossen werden, was zu einer kostspieligen Angelegenheit werden kann. Neu ist die Möglichkeit, per HDMI-Adapter Bilder in 1080p-Auflösung auf dem Fernseher ausgeben zu können. Für ein derart universelles Gerät wirkt die eingeschränkte Nutzung widersinnig.

Spielen

Aufgrund der hervorragenden Akkulaufzeit von rund 10 Stunden, muss man sich als Anwender nicht zwischen Anwendungen entscheiden. Nach der Arbeit kann ohne weiteres ein wenig gezockt oder Musik gehört werden. Dank besserer Grafikleistung sehen moderne Games auf dem iPad 2 mittlerweile fast wie Konsolenspiele im Kleinformat aus. Natürlich lässt sich der Effektgrad nicht mit PS3 und Co. vergleichen, doch die virtuellen Welten werden farbenfroh und scharf dargestellt. Sofern das Steuerungskonzept via Touchscreen erfolgreich umgesetzt wurde, dient das iPad 2 als unterhaltsamer Begleiter mit zahlreichen kreativen Umsetzungen von Scrabble bis Angry Birds, für intensivere Action-Games fehlt eine physische Eingabemethode.

Fernsehen und Musik

Gerade auf längeren Reisen bewährt sich das iPad als persönlicher Fernseher. Für eine optimale Wiedergabe wäre ein 16:9-Format willkommen gewesen, so muss man schwarze Balken akzeptieren. Mühsam ist, dass Apples iTunes wie gehabt nur wenige Dateiformate von Haus aus unterstützt, weshalb heruntergeladene Filme extra für das iPad konvertiert werden müssen - sehr zeitaufwändig. Wer die Chance nutzte, sich den VLC-Player vor dem Rückzug aus dem AppStore herunterzuladen, schaut bequemer. Dennoch ist die eingeschränkte Unterstützung von Codecs alles andere als ideal. Bei Musik ist dies aufgrund der Unterstützung und starken Verbreitung von mp3 weniger ein Problem. Als alternative Abspielmethode bietet sich die seit iOS 4.3 implementierte Funktion Home Sharing an, mit der Mediendateien im lokalen Netzwerk vom vom Mac auf das iPad oder das iPhone gestreamt werden können. Dafür sollte man allerdings über eine WLAN-Anbindung nach dem flotten n-Standard verfügen.

Arbeiten und Surfen

Es spricht für sich selbst, dass dieser mehrseitige Testbericht komplett auf einem iPad geschrieben wurde. Bis zur Fertigstellung im Redaktionssystem und dem online stellen reicht es aber nach wie vor nicht. Das liegt einerseits daran, dass sich noch nicht jeder Softwarehersteller um die Entwicklung einer iPad-App bemüht hat und andererseits unterstützt Apples Webbrowser Safari nicht alle Funktionen und Plug-ins wie Flash, die aktuelle Webseiten und -Anwendungen benötigen.

So kommt es, dass man einen Großteil aller Webseiten mühelos ansurfen kann, dann aber immer wieder in Einbahnstraßen endet. Nicht nur aufwändigere Redaktionssysteme, sondern auch everybody's darling Facebook funktionieren somit nicht ordentlich. Manchmal schafft hier eine spezielle App Abhilfe, im Falle von Facebook aber etwa nicht. Die Apps der Dritthersteller (wie Friendly for iPad) geben nur eine beschnittene Fassung des sozialen Netzwerks wieder. Das ist gewiss nicht Apples Schuld allein, doch in der Anwenderrealität sind das ernsthafte Stolpersteine.

Apples eigene Bürosoftware inklusive Mail, Pages und Keynote hingegen wurden vorbildlich umgesetzt. Sie integrieren (letztere für rund 7 Euro das Stück) zwar nur einen Bruchteil des Funktionsumfangs der Desktop-Ausgaben, doch einfache Arbeiten lassen sich sehrwohl durchführen. Für längere Arbeiten fehlen der virtuellen Tastatur neben dem physischen Feedback die Pfeiltasten und für Deutschsprachige die Umlauttasten.

Musik und Filme machen

Von Profis im Freundeskreis etwas belächelt, aber verführerisch günstig sind die im Rahmen der iPad 2-Vorstellung präsentierten Programme iMovie und Garage Band. Mit iMovie können dank vorgegebener Stile auch Laien recht rasch einfache Urlaubsvideos schneiden. Hier gelten wie bei der Desktop-Version die Formatvorgaben, das Einspielen der Videos muss über iTunes oder einen Adapter erfolgen.

Hobbymusiker können sich bei Garage Band austoben. Die Bedienung per Touchscreen klappt einwandfrei, mit Hilfe von virtuellen Instrumenten kann man sogar neue Grenzen der (Un)musikalität entdecken. Für Profis ist es vielleicht mehr ein inspirierendes Spielzeug.

Fazit

Das iPad 2 ist in erster Linie eines: Ein besseres iPad. Für mindestens 479 Euro (16 GB, WiFi) bis knapp 800 Euro in der Maximalausstattung mit 64 GB und UMTS-Unterstützung erhält man das derzeit beste Tablet am Markt. Die Handhabung, die Geschwindigkeit und die Akkuleistung sind vorbildlich. Die eingeschränkte Unterstützung von Dateiformaten, fehlende Schnittstellen und das Fehlen von grundlegenden Browser-Plugins des ansonsten hervorragenden Safari verhindern, dass das iPad auch in seiner jüngsten Ausgabe ein universelles Einsatzgerät ist. Wer professionell darauf arbeiten möchte, wird sich allzu oft dabei ertappen, wie er genervt dann doch das Notebook zur Hand nimmt. Hier ist ein Ultra-Portable-Notebook wie das MacBook Air bestimmt die schlauere Wahl.

Wenn die Wahl zwischen iPad und Notebook getroffen werden soll, dann heißt die Antwort klar: Notebook. Denn das iPad ist auch in der zweiten Auflage vor allem Luxus. Dies berücksichtigend ist das iPad 2 ansonsten ein komfortables Allzweckgerät für Web, Email und Medien. Es ersetzt immer noch keinen PC, aber es macht Spaß genug, um eine Anschaffung zu rechtfertigen.

Upgrade oder Android-Alternativen?

Bestehende iPad-Besitzer können auf das Upgrade getrost verzichten. Die großen Neuerungen bringt das iPad 2 nicht. Ein besseres Display dürfte wohl erst in der nächsten Version verbaut werden. Wer eine Alternative zum eingeschränkten Apple-Ökosystem sucht, wird dieses Jahr bei zahlreichen Android-Tablet-Herstellern wie Samsung oder Motorola fündig. Das eingesetzte Betriebssystem Android 3.0 erwies sich in den ersten Tests bereits als umfangreiche und starke Alternative, noch ist das Benutzererlebnis allerdings nicht auf dem Niveau des iPads angelangt. Hier wird Entwickler Google im Laufe des Jahres aber aller Voraussicht nach nachziehen.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 27.3.2011)

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