"Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind." So heißt es im Brief an die Epheser, Kapitel 4, Vers 25. Möglicherweise hat der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) an diese Bibelstelle gedacht, als er im Kreise deutscher Industrieller zugab, dass das Atommoratorium eh nicht so ernst zu nehmen, sondern vielmehr den anstehenden Wahlen geschuldet sei.

Vielleicht kann er auch einfach kein Geheimnis für sich bewahren. Es gibt ja Leute, die unter der Last des ihnen im Vertrauen Mitgeteilten schier zusammenbrechen und sich Erleichterung verschaffen, indem sie plaudern.

Unklar ist sein Motiv, deutlich jedoch eines: Wenige Tage vor den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz (diesen Sonntag) hat Brüderle die schwarz-gelbe Bundesregierung bis auf die Knochen blamiert.

Geahnt hat man es ohnehin: Die Regierung war nicht um die Sicherheit der Deutschen besorgt, als sie im Lichte der Katastrophe von Fukushima beschloss, die Verlängerung der Atomlaufzeiten auszusetzen und alte Meiler vom Netz zu nehmen - sondern um ihre eigene Sicherheit, die vor allem durch die Wahl in Baden-Württemberg gefährdet ist.

Brüderle dementiert zwar nun, und Gesprächsprotokolle der Veranstaltung werden hektisch durchforstet. Nützen wird es kaum. Auch Zahnpasta, die einmal aus der Tube gequollen ist, kann man schlecht zurückdrücken. (Birgit Baumann DER STANDARD, Printausgabe, 25.3.2011)