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Die Revolution ist auch ein Geschäft: Ein Verkäufer mit Fähnchen und Buttons in Sanaa.

Foto: APA/EPA/Arhab

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Proteste in Sanaa.

Foto: REUTERS/Khaled Abdullah

Sanaa - Angesichts erneuter Massenproteste im Jemen hat Präsident Ali Abdullah Saleh versucht, seine Kritiker zu besänftigen. Um ein weiteres Blutvergießen zu verhindern, sei er unter gewissen Bedingungen zu einem Rücktritt bereit, erklärte Saleh am Freitag in einer Fernsehansprache. "Wir wollen keine Macht" , sagte der Staatschef, der seit 1978 regiert. "Aber wir müssen die Macht in sichere Hände übergeben, nicht in kranke, aufgebrachte oder korrupte Hände."

In der Hauptstadt Sanaa versammelten sich hunderttausende Regierungsgegner. Sie hatten zu einem "Tag des Abgangs" nach den Freitagsgebeten aufgerufen, um Saleh zu einem sofortigen Rücktritt zu bewegen. Bei einer ähnlichen Kundgebung vor einer Woche waren 52 Demonstranten von Scharfschützen getötet worden. Danach hatte sich eine Reihe führender Generäle, Diplomaten und Stammesführer von der Regierung losgesagt, auch etliche Parlamentarier legten ihr Mandat zurück.

Abtrünnige gegen Loyalisten

Nach der Ansprache Salehs versuchte ein Teil der Menge, in Richtung des Platzes vor der Universität zu marschieren. Regierungstreue Sicherheitskräfte, die entlang der rund vier Kilometer langen Strecke zwischen dem Präsidentenpalast und der Universität Straßensperren aufgebaut hatten, gaben daraufhin Warnschüsse ab. Rund um den Platz vor der Universität hatten zur Opposition übergelaufene Soldaten ihrerseits Kontrollpunkte errichtet. Jeder, der den Platz betreten wollte, wurde durchsucht. Die Protestbewegung verkündete, den für Freitag geplanten Marsch zum Palast auf den 1. April verschoben zu haben.

"Die Regierung kann sich nicht einfach ihren Weg aus der Krise schießen" , sagte Philip Luther, stellvertretender Amnesty-International-Direktor für Nahost. "Ob in Uniform oder in Zivil, die Sicherheitskräfte müssen sofort daran gehindert werden, mit scharfer Munition gegen unbewaffnete Demonstranten vorzugehen.

"Freitag der Toleranz"

In Sanaa versammelten sich auch Tausende Saleh-Anhänger zu einem "Freitag der Toleranz" . Einige von ihnen trugen Waffen und schwenkten traditionelle jemenitische Dolche. Auf Bannern war zu lesen: "Nein zum Chaos, Ja zu Sicherheit und Stabilität" .

Unter dem Druck der seit rund sechs Wochen anhaltenden Proteste hatte Saleh zwar zuletzt Zugeständnisse in Aussicht gestellt, die der Opposition aber nicht weit genug gingen. Hatte er in einer ersten Phase der Proteste angeboten, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen 2013 nicht mehr antreten zu wollen, bot er danach an, bis 2012 oder gar bis Ende 2011 eine Verfassungsänderung, ein Verfassungsreferendum, Parlaments- und Präsidentenwahlen durchzuziehen.

Die USA und das benachbarte Saudi-Arabien hatten sich besorgt gezeigt, dass bei einem Rückzug Salehs ein Machtvakuum entstehen könnte, das die im Land aktive Al-Kaida weiter stärken könnte. Außerdem könnte es weitere Aufstände in Nord und Süd und soziale Konflikte geben. (dpa, red/DER STANDARD, Printausgabe, 26.3.2011)