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Das Kreuz in Kindergärten und Schulen kann für Toleranz und abendländische Werte stehen, ...

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... muss es aber nicht, wie die grüne Nationalratsabgeordnete Daniela Musiol sagt ...

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... und dabei den kreuzritternden FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ebenso als Beispiel nennt ...

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... wie die katholische Kirche (im Bild Kardinal Christoph Schönborn) und deren Frauenbild.

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Wien - "Die zwei Urteile sind zu akzeptieren", sagt die grüne Abgeordnete Daniela Musiol. "Es steht uns nicht an, diese in Frage zu stellen." Gemeint sind die sogenannten Kreuz-Urteile in den vergangenen Tagen. Erst hatte der Verfassungsgerichtshof in Wien das Anbringen von Kreuzen in Kindergärten als zulässig beurteilt. Dann hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg der italienischen Regierung Recht gegeben: Kreuze in Schulklassen sind keine Menschenrechtsverletzung.

Dennoch will Grünen-Verfassungssprecherin Musiol die "Initiative Religion ist Privatsache" unterstützen, wie sie bei einer Pressekonferenz am Donnerstag klarmachte: "Man muss sensibel mit der Frage umgehen, ob sich Minderheiten in ihren Rechten beeinträchtigt sehen." Konkret heißt das für Musiol: Die Verfassungsrichter würden die Kreuze in Kindergärten und Schulen zwar nicht verbieten. Es gebe aber auch kein Gebot, diese aufzuhängen - und somit politischen Spielraum.

Kritik an Niederösterreichs Kreuz-Politik

"Nahezu skandalös" findet Musiol die Stellungnahme der niederösterreichischen Landesregierung, wonach Eltern bei Kindergärten ja eine Wahlfreiheit hätten. Hintergrund: Das Kindergartengesetz des Bundeslandes verankert, dass ein Kreuz immer dann angebracht werden soll, wenn mehr als 50 Prozent der Kinder christlichen Glaubens sind. Gerade am Land könnten Eltern aber kaum ausweichen, kritisiert Musiol: "Hier von einer Wahlfreiheit zu sprechen, ist absolut zynisch."

Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk, den vor allem die Begründung des VfGH-Urteils stört, hielt fest, er sei persönlich "nicht dafür, dass das Kreuz verordnet wird, wie es das niederösterreichische Kindergartengesetz getan hat". Als Verfassungsexperte müsse er sagen, dass es sowohl gute Gründe für als auch gegen religiöse Symbole in Schulen gebe. Bloß: "Die Begründung des VfGH ist nicht überzeugend, nicht schlüssig. Sie hinterlässt ein großes Achselzucken." Es werde nämlich nur argumentiert, die Trennung von Staat und Kirche bestehe ohnehin, also: "Es ist so, weil es so ist."

Kreuz "kein eindeutiges Symbol"

Musiol fordert jedenfalls eine politische Diskussion über betreffende Gesetze wie den Schulvertrag und das Religionsgesetz, an deren Ende eine klarere Trennung zwischen Religion und Staat stehen solle. Auch Gespräche mit dem Vatikan seien dafür notwendig.

Schließlich bezweifelt die Grüne auch, ob der Qualifizierung des Kreuzes durch den VfGH als Symbol der Toleranz im politischen und gesellschaftlichen Gebrauch entsprochen wird. Das beginne bei FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der mit einem Kreuz bewaffnet gegen ein islamisches Zentrum demonstrierte, betreffe aber auch die katholische Kirche selbst und ihr problematisches Rollenverständnis der Frau. "Das Kreuz ist natürlich auch für viele Menschen ein Symbol der Unterdrückung", sagt Musiol. Vielmehr gebe es "kein eindeutiges Symbol für Nächstenliebe und Toleranz, schon gar nicht das Kreuz".

Anwältin: Kindergärten anderer Fall als Schulen

Aber auch auf juristischer Ebene soll es weiter Initiativen für eine striktere Trennung geben. So erklärte Anwältin Doris Einwallner, die jenen niederösterreichischen Vater vertritt, der beim VfGH - vergeblich - eine Beschwerde gegen Kreuze in Kindergärten eingebracht hatte, nun auch den EGMR anzurufen. Von dessen Urteil, dass Kreuze in italienischen Klassen nicht die Menschenrechte verletzten, lässt sich Einwallner nicht entmutigen: Es handle sich anders als in Italien nicht um Schulen, sondern um Kindergärten. Diese Kinder seien "auf einer ganz anderen Entwicklungsstufe als kritische Jugendliche".

Einwallner vertritt aber nicht nur den besagten niederösterreichischen Vater, sondern auch den emeritierten Physikprofessor Heinz Oberhummer, der sich am ORF-Gesetz stößt. Oberhummer, Vorsitzender des Zentralrats der Konfessionsfreien, stellte einen Antrag auf Rückerstattung der GIS-Gebühren, weil ihm die staatlich anerkannten Religionen im ORF-Programm zu prominent vorkommen. Den ORF-Programmauftrag ("angemessene Berücksichtigung der gesetzlich anerkannten Kirchen") würde der streitlustige Professor ebenso gerne vor den VfGH bringen wie die Bevorzugung der Religionsgemeinschaften in Publikums- und Stiftungsrat. 

Nicht gegen Weihnachten und Feiertage

Oberhummer betonte, dass keiner der Sprecher am Podium - also weder Musiol, Funk noch er selbst - Mitglied der Initiative "Religion ist Privatsache" sei. Die Initiatoren würden "aus gutem Grund" anonym bleiben wollen. In Italien sei die Familie Lautsi, die gegen Kreuze in Klassen auftrat, "extremen Bedrohungen" ausgesetzt gewesen. Oberhummer sagte auch, dass es in Österreich bereits zwei Millionen Konfessionslose gebe. Er hege aber keineswegs den Anspruch, für sie alle zu sprechen. Er sei auch sicher kein "Kirchenhasser", habe nichts gegen kirchliche Feiertage einzuwenden und feiere im Übrigen auch Weihnachten. (Lukas Kapeller, derStandard.at, 24.3.2011)