Unter Jemen-Beobachtern grassiert ein neues arabisches Wort: sawmala, "somalisieren". Damit ist das Schicksal gemeint, das viele für den Jemen im Fall einer Revolution befürchten: Das Land könnte in bürgerkriegsähnliche Konflikte auf verschiedenen Ebenen - nicht nur in "einen Bürgerkrieg" - abgleiten, eine Situation, in der die ohnehin schon eingesickerte Al-Kaida sich endgültig festsetzen und den Jemen zu ihrem sicheren Hort machen könnte, von dem aus sie die ganze Region destabilisiert.

Man muss überhaupt kein Sympathisant des nach Gaddafi größten Sesselklebers der arabischen Welt - Präsident Ali Abdullah Saleh- sein, um seinem Wunsch etwas abgewinnen zu können, die Amtsgeschäfte geordnet zu übergeben. Das ägyptische Modell, das er selbst vorschlägt, wäre nicht das schlechteste - wobei er jedoch dem Irrtum unterliegt, dass er selbst den Übergang managen könnte. Im Jemen ist die Absetzbewegung vom Präsidenten viel stärker, als sie in Ägypten jemals war, sie erinnert an Libyen. Im Unterschied zu Gaddafi verliert Saleh aber auch schon einen Teil seines Stammes und der eigenen Familie.

Dass diese Leute - allen voran Halbbruder Ali Mohsen al-Ahmar - jedoch für ihn "einspringen" könnten, stimmt nicht optimistisch. Die Islamisten würden ihn vielleicht noch akzeptieren, für andere Bevölkerungsteile wäre er ein Signal, dass die Revolte gegen das Regime nun erst richtig beginnen muss. (Gudrun Harrer, STANDARD-Printausgabe, 24.03.2011)