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Das Goldene Ehrenkreuz der Republik Österreich ist auch für Earls-of Sandwich in Griffweite.

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Davon, dass die Earls-of-Sandwich sich an Buffets bluffen, war hier schon die Rede - Aber die Methode taugt auch, um ans höchste Blech der Republik, das Goldene Ehrenzeichen, zu kommen

Dass neulich, als Ernst Strassers Lugner-Englisch nicht mehr über das, was er von sich gab, hinwegerheitern- und -täuschen konnte, jemand staunte, wie und wieso Politiker mit den höchsten Orden der Republik beworfen werden, wenn sie nur lange genug im Spiel blieben, war Zufall. Aber es passte.

Denn nach dem Erscheinen der letzten Kolumne fragte eine Leserin, welches mein erstaunlichstes Earl-of-Sandwich-Erlebnis gewesen sei. Und war verwundert, als ich ihr gar nicht von Buffet- oder Giveaway-Kalamitäten erzählte, sondern vom nobelsten Blech des Staates. Vom großen goldenen Verdienst- oder Ehrenkreuz der Republik.

Gründungshelferin

Denn dass eine in Wien weltberühmte Earlin dieses verliehen bekommen hat, wird nicht nur sie nicht müde zu rufen, sobald sie nicht eingelassen wird: Auch jener Anwalt, den sie danach Briefe verschicken lässt, verweist auf die Meriten seiner Klientin. Die Dame habe eben nicht bloß eine Wiener Obdachlosenzeitung bei ihrer Gründung erst lauffähig gemacht, liest man aus diesen Zeilen. Mehr noch: Ihre Verdienste um das Ansehen Österreichs in aller Welt würden ebendort bis heute gefeiert - und wurde hierzulande mit dem hohen Orden ausgezeichnet.

Als ich einmal versuchte, die journalistischen Produkte der Dame in die Finger zu bekommen (ohne Erfolg), zeigte man mir diesen Anwaltsbrief - und ich wurde neugierig. Die Straßenzeitung war einfach: Ein Anruf . „Wie bitte? Wer?" staunte man am anderen Ende der Leitung. Nach längerem Nachdenken erinnerte sich mein (an der Zeitungsgründung nachweislich beteiligter) Gesprächspartner dann doch: "Ach ja - die! Die hat einmal angeboten, Sponsoren für eine Veranstaltung zu organisieren. Wir haben nie wieder von ihr gehört. Redaktionell hat sie nie was gemacht." Ich las den Anwaltsbrief genauer: Ganz falsch war das, was da von Mithilfe in der Gründungsphase stand, nicht. Nicht aus juristischer Sicht. Ich werde mich also hüten, öffentlich zu sagen, was ich mir damals dachte.

Archive der Hofburg

Etwas schwieriger war die Ordens-Frage: Die Verleihung des "Großen Goldenen" war - angeblich - erfolgt, als Daten noch nicht digital erfasst wurden. Doch in der Präsidialkanzlei der Hofburg bot man mir an, im Archiv zu suchen. Ich dankte, hörte nichts mehr - und hatte die Sache nach mehreren Wochen schon vergessen, als ich ein Mail erhielt: Tatsächlich stand da, wurde der Dame der Orden wirklich verliehen. Als Attachement kam der eigens für mich eingescannte Akt.

Die Dame stand da, habe in der Epoche des Vierteltelefones im außereuropäischen Ausland als freie Mitarbeiterin deutscher und österreichischer Radiostationen (ich ersparte mir, das nachzuprüfen) gelebt und gearbeitet. Nebenbei habe sie ein Lokal mitbetrieben - und dort regelmäßig österreichische Kunst ausgestellt. Weder das Lokal noch die der Namen Künstler sind erwähnt. Dennoch erlangte - Jahre nachdem das Lokal geschlossen worden war - der lokale österreichische Honorarkonsul von diesen Aktivitäten Kenntnis. Und schlug der Hofburg eine Ordenskandidatin vor.

Überprüfung

Die Präsidentschaftskanzlei tat, was nachvollziehbar normal ist: Sie bat das zuständige Ministerium um eine Überprüfung. Das Ministerium wandte sich an die Botschaft. Dort, erklärten mir Kenner diplomatischer Abläufe, dürfte unternommen worden sein, was in derartigen Fällen Standard ist: Einen Mitarbeiter des Kutlurattachées griff zum Telefon. Und rief - man hat ja auch noch anderes zu tun - einfach den Repräsentanten nächst der Stätte des ruhmreichen Wirkens für die Nation an. Also beim Honorarkonsul. Dass der den Antrag selbst gestellt hatte, erklärten mir meine Diplomatie-Auskenner, müsse der den Fall bearbeitende Botschaftsmitarbeiter nicht zwingend gewusst haben. Der Honorarkonsul dürfte ihn in jedem Fall nicht all zu laut darauf hingewiesen haben.

Im Akt selbst steht zu alledem aber nur ein Satz: Dem Ministerium seien nach Prüfung durch die Botschaft keine Einwände bekannt geworden. Also unterzeichnete der Bundespräsident den Akt - und das "Große Goldene Verdienstzeichen der Republik" wurde verliehen. Ganz nebenbei: Bundespräsident war damals Kurt Waldheim. Er hat nur seine Pflicht getan. (Thomas Rottenberg, 23.3.2011)