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Flüchtlinge nahe dem libyschen Grenzübergang zu Ras Ajdir.

Foto: REUTERS/Yannis Behrakis

Einer der ersten, die gleich zu Beginn der Libyen-Krise vor finsteren Mächten hinter den Rebellen warnte, war Genosse Fidel Castro in Kuba, der zur Rettung des libyschen Volkes aufrief, aber anders als der Rest der Welt: Die Nato habe es auf die Öl- und Gasvorkommen abgesehen und bereite den Boden für eine Besetzung des Landes.

Das Stereotyp, dass die USA sich gegen arabische oder islamische Herrscher wenden, die nicht bereit sind, den Amerikanern ihre Bodenschätze zu überlassen - als ob Saddam Hussein oder Muammar Gaddafi sich jemals geweigert hätten, ihr Öl zu verkaufen -, ist natürlich nicht neu. Libyen gibt jedoch verschwörungstheoretisch noch mehr her als Öl, nämlich die großen Wasserreserven in der libyschen Wüste - mit denen Gaddafi ganz Libyen in einen blühenden Garten verwandeln wollte. Das musste verhindert werden, denn der Westen brauche eine unglückliche, instabile Region, damit er eine Ausrede zur militärischen Intervention habe.

Der Hintergrund dieser Spintisiererei ist das "Great Manmade River"-Projekt, von Gaddafi als das "achte Weltwunder" bezeichnet und nach Eigenbeschreibung das größte Bewässerungsprojekt der Welt. Dabei wird fossiles Wasser aus fünf unterirdischen Becken unter der Sahara in riesigen Röhren in Richtung Küste geleitet.

Tripolis und Bengasi und andere Küstenstädte sind bereits angeschlossen. Es stimmt, dass sich dort die Wassersituation verbessert hat. Andererseits ist das Projekt - von seinen Kritikern wegen seines megalomanischen Ausmaßes auch "Mad Man River Project" genannt - wegen Durchführungsmängeln umstritten, anfangs kam es zu großen Wasserverlusten wegen korrodierenden Röhren. Vor allem jedoch ist die Nachhaltigkeit nicht gegeben: Fossiles Wasser ist nicht erneuerbar, die Schätzungen, wie lange die Reserven halten, variieren von ein paar Jahrzehnten bis zu tausenden Jahren.

Dieses Projekt will laut Verschwörungstheoretikern die "Weltdiktatur der Konzerne" an sich reißen, die das "Weltwassergeschäft" monopolisieren und das libysche Wasser verkaufen wollen. Leider fast überflüssig zu sagen, dass "Weltdiktatur der Konzerne", auch "Londoner City" (von dort aus wird alles kontrolliert), antisemitische Codes sind. Was Al-Kaida und andere islamistische Verschwörungstheoretiker natürlich keineswegs daran hindert, Israel auf der Seite Gaddafis zu sehen (der Standard berichtete). Andere sehen wiederum islamistische Gruppen hinter den Rebellen - vom Westen extra zu diesem Zweck gesteuert und eingesetzt. (Gudrun Harrer, STANDARD-Printausgabe, 23.03.2011)