Wien - Die Regierung hat am Dienstag bekräftigt, weiterhin entschlossen in der EU gegen Atomkraft auftreten zu wollen. Im Ministerrat wurde ein entsprechender Aktionsplan beschlossen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) erklärte danach, man habe den Auftrag, die "Lügen" der Atomlobby aufzuzeigen. Im Zusammenhang mit dem Ausbau des tschechischen Atomkraftwerkes Temelin behalte sich Österreich "alle rechtlichen Schritte" vor.

Die Regierungsmitglieder hätten sich für diverse europäische Treffen und Tagungen abzustimmen, so Faymann in einer Pressekonferenz nach der Sitzung, die er wegen eines Krankenhausaufenthaltes von Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) allein bestritt. Auch im Europäischen Rat sei ein entschlossenes Auftreten angesagt. Prinzipiell behalte sich die Regierung vor, rechtliche Schritte auszuloten und auch zu gehen. Dies gilt laut Aussagen des Kanzlers etwa für Temelin.

Faymann trifft am heutigen Dienstag den tschechischen Premier Petr Necas in Wien - mit ihm will er u.a. auch eine Diskussion über Atomenergie führen. Im Zuge des Temelin-Ausbaus gebe es ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren, und man verlange nach Abschluss eine Parteienstellung für ausländische und damit auch österreichische NGO. Kommt es nicht dazu, behalte man sich auch Klagsschritte vor. Er werde das Thema auch am Mittwoch bei Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso zur Sprache bringen, meinte Faymann.

Es gelte, "Lügen" der Atomlobby aufzuzeigen. Solche Lügen seien alles, was an Sicherheit "vorgegaukelt" werde und was glauben machen solle, dass so etwas nur in Japan passieren könne, erklärte er auf Nachfrage. Zu den Chancen auf einen europäischen Atomausstieg argumentierte Faymann, wenn man Haftungen und Risiken berücksichtige, wären erneuerbare Energien auch wirtschaftlicher. Es werde nicht einfach sein, aber Europa habe einen riesigen Vorteil, nämlich Demokratie und Wahlen. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel befinde jetzt anders über die Atomkraftwerke als noch vor ein paar Wochen.

Schüssels Gewissen

Angesprochen auf den Aufsichtsratsposten des früheren Bundeskanzlers und ÖVP-Abgeordneten Wolfgang Schüssel im deutschen Energiekonzern RWE meinte Faymann: "Jeder muss mit seinem eigenen Gewissen verantworten, welche Tätigkeit er ausübt." Er halte nichts davon, dass man gleichzeitig in einem Land gegen die Atomindustrie auftrete und diesen Job parallel habe.

Umweltminister Niki Berlakovich (ÖVP) erklärte vor der Ministerratssitzung zum Aktionsplan, es müsse einen nationalen Schulterschluss geben. Man müsse in Richtung erneuerbare Energien gehen, und es werde eine Umschichtung der Mittel in diese Richtung geben. Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) meinte, man wolle mit dem Aktionsplan einen Anfang setzen, jeder Minister könne einen Beitrag leisten. (APA)