Überzeugt wurden sie von Überläufern - wie General Khalifa Haftar, der aus den USA zurückgekehrt ist und die Rebellen kommandiert.

*****

Die Frage, wer denn diese libyschen Rebellen eigentlich seien und was - außer den Abgang Gaddafis - sie wollen, ist wohl auch für die lange Nachdenkphase der USA über das Eingreifen in Libyen verantwortlich. Die disparate libysche Opposition im Ausland kennt man leidlich - wusste jedoch, dass sie mit dem Aufstand gegen Gaddafi im Inneren so gut wie nichts zu tun hatten.

Er brach aus, als die libyschen Behörden den Menschenrechtsanwalt Fathi Terbel verhafteten, der federführend beim Komitee der "Abu-Salim-Familien" war: Das sind Angehörige von hunderten (meist islamistischen) Gefangenen, die 1996 bei einer Gefängnisrevolte umgekommen waren. Daraufhin gingen am 16. Februar erstmals Demonstranten in Bengasi auf die Straße - das Regime ließ erschrocken nicht nur Terbel frei, sondern auch über hundert islamistische Gefangene.

Dieser Islamisten-Kontext gefiel den Amerikanern anfangs nicht, nicht zuletzt, weil Al-Kaida 2007 erklärt hatte, die libysche Gruppe LIFG (Libyan Islamic Fighting Group) sei Teil der Organisation. Die Islamisten, die Gaddafi in den 1990er Jahren auch umzubringen versuchten, waren die einzig potente Opposition, die Gaddafi im Land hatte.

Die Rebellen in Bengasi stellen sich jedoch ganz anders dar und konnten überzeugen: Bereits in der ersten Phase, als die Niederschlagung der Demonstrationen begann, fielen Teile der Beamtenschaft von Gaddafi ab - wie etwa Diplomaten, etwa bei der Uno. Auch etliche Exoffizielle des Regimes, darunter Minister, wechselten die Seiten: Einer davon, Exjustizminister Mustafa Abdul Jalil, ist Chef des Nationalen Libyschen Übergangsrats, ein anderer wichtiger Vertreter ist der ehemalige Innenminister Abdul Fattah Yunis Obeidi.

Die Überlaufwelle setzte sich beim Ausbruch der Kämpfe aufseiten des libyschen Militärs fort und ist bis heute nicht abgerissen. Auffällig ist dabei, analysiert zumindest Asharq al-Awsat, dass sich mehr Offiziere als normale Soldaten den Rebellen anschließen. Stark vertreten ist auch der Juristenstand: Anwälte waren unter den ersten, die Demonstrationen organisierten. Der frühere Chef der Anwaltskammer, Hafiz Ghoga ist heute einer der Sprecher des Übergangsrats.

Zum Oberbefehlshaber ihrer Truppen haben die Rebellen erst vor kurzem einen Heimkehrer aus dem Exil gemacht: General Khalifa Belqasim Haftar wohnte seit Jahren in den USA. Es ist anzunehmen, dass er mit den US-Behörden in Kontakt war und ist. Haftar hat sich seinen Ruhm als General während des Kriegs Libyens gegen den Tschad erworben, da standen allerdings die USA und Frankreich auf der anderen Seite als Haftar und unterstützten Hissène Habré im Tschad.

Der Übergangsrat fiel von Anfang an durch Professionalität auf: So vermied er, sich "Regierung" zu nennen, um keinen Sezessionsvorwurf auf sich zu ziehen. Bei seinem Ruf nach Intervention betonte er immer, gegen ausländische Truppen auf libyschem Boden zu sein. Ein britisches Sonderkommando in der befreiten Zone wurde prompt verhaftet. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 21.3.2011)