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EU-Abgeordneter Ernst Strasser sieht sich von Otmar Karas in Lobby-Affäre vernadert.

Foto: Reuters/Bader

Brüssel/Wien - In der mutmaßlichen Korruptionsaffäre um den VP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Ernst Strasser, haben die Grünen die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf und den Präsidenten des Parlaments, Jerzy Buzek, eingeschaltet. Der Fall sei geeignet, das Ansehen der Union zu beschädigen, begründete die grüne Abgeordnete Ulrike Lunacek diesen Schritt am Freitag im Gespräch mit dem Standard.

Das Parlament müsse jedem Vorwurf der Korruption konsequent nachgehen. Es müsse untersucht werden, ob Strasser, für den die Unschuldsvermutung gilt, Verhaltensregeln für Europaabgeordnete verletzt habe, so Lunacek.

Strasser waren von Journalisten der Sunday Times, die sich als "Lobbyisten" ausgaben, 100.000 Euro und weitere Gratifikationen angeboten worden, wenn er EU-Gesetze in ihrem Sinne beeinflusse. Der EU-Abgeordnete gab Dokumente an seine Kollegen Otmar Karas und Hella Ranner weiter. Er habe aber nie Geld angenommen. Er habe aber versucht herauszufinden, wer hinter den falschen Lobbyisten stehe; weil er geglaubt habe, von einem Geheimdienst ins Visier genommen zu werden, wie er im Standard schilderte.

Via APA wies Strasser Freitag die Angriffe gegen ihn als "Vernaderungsversuche" zurück. Er habe bei der Weitergabe von Dokumenten "nie Urgenzen in Richtung eines Gesetzesantrages" gemacht, was aus allen E-Mails erkennbar wäre. Damit spielt er den Ball zurück an Karas, der das Gegenteil nahegelegt hatte, erklärte, er fühle sich von Strasser "gelegt". Karas ließ Freitag über einen Sprecher ausrichten, von ihm sei sehr wohl "ein Amendment", eine Gesetzesänderung, verlangt worden.

Wer in dem Fall welches Spiel spielt, könnte sich aufklären, sollte die Sunday Times ihre Version demnächst publizieren. In der ÖVP brodelt es. Mit Strasser ist der zweite von sechs EU-Mandataren der VP in mögliche strafrechtliche Affären verstrickt und Gegenstand staatsanwaltlicher und polizeibehördlicher Untersuchungen. Hella Ranners Ex-Arbeitgeber, die Linzer Anwaltskanzlei SCWP, beschuldigt die Politikerin des "schweren, gewerbsmäßigen Betruges und der Untreue".

Die Kanzlei übermittelte der Staatsanwaltschaft Graz eine Sachverhaltsdarstellung und nennt eine Schadenssumme von mehr als 350. 000 Euro. Ranner, früher Mitgesellschafterin von SCWP, weist alle Anschuldigungen kategorisch zurück. SCWP gibt an, Ranner habe ohne Genehmigung Firmengelder zur Abdeckung von Schulden an sich selbst überwiesen. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Hansjörg Bacher, bestätigte Freitag, dass Ranner von Staatsanwalt und Polizei vernommen wurde, die "weitere Ermittlungen" aufgenommen habe. Ranner musste Anfang Jänner mit ihrer Firma Insolvenz anmelden, mit Passiva von 4,9 Millionen Euro. (tom, mue, DER STANDARD; Printausgabe, 19./20.3.2011)