Vorbei an Graffitis ...

Foto: Christoph Wagner

... und untrügerischen Spuren von Drogenkonsum ...

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... geht es hinunter in den Keller.

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Fluchtartig verschwinden Joao und ich aus einem dubiosen Keller auf einem kleinen Hügel im Stadtzentrum Portos. Als die Stimmung zwischen mir und den Sprayern, die sich gleichzeitig als Junker herausstellten, plötzlich umschlug, wollte ich so schnell wie möglich weg. "Gute Entscheidung", bestätigte mich mein Guide, der mit mir Richtung Metro lief.

Aber alles von Anfang

Bei leichtem Nieselregen stehe ich verwirrt auf der Avenue dos Aliados in Porto. Ein junger Mann in Jogginghose, Baseballjacke und schwarzer Haube bietet seine Hilfe an. Joao führt mich die Straße hinunter, ich bewundere inzwischen die vielen Graffitis auf den Häusern. Ein paar davon habe er gemacht. Wenn es mich interessiert, würde er mir gerne mehr davon zeigen. Ich stimme zu.

"Das ist mein Tag", sagt Joao und zeigt auf ein blaues Gekritzel auf einer Hausmauer. Der 22-jährige Informatikstudent ist fester Bestandteil der Graffiti-Szene in Porto. "Ich spraye seit ich 14 Jahre alt bin, mein Bruder hat mich damals dazu gebracht." Dieser sei allerdings schon ausgestiegen. Das Risiko dauernd mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen sei ihm zu hoch geworden. "Außerdem wird jeder einmal Erwachsen", schmunzelt Joao.

Mittlerweile sind wir sicher schon seit zwei Stunden unterwegs. Stolz präsentiert er mir seine schönsten, größten oder gesellschaftlich wichtigsten Werke. "In der Szene geht es darum, seinen Platz zu behaupten. Da war vorher was anderes - ich habe es vollkommen gecovered. Das ist wie ein Schlag ins Gesicht für den anderen Sprayer."

Im Dosenkeller

Joao ist in keiner Spray-Gang oder Gruppe. "Ich kenne aber schon ein paar Leute. Mit ein paar teile ich mir einen kleinen verlassenen Keller, in dem wir übergebliebene Dosen aufbewahren." Den werde ich aber eh noch sehen, denn dort sei die qualitativ höchste Graffiti-Ansammlung in ganz Porto.

Als wir auf den kleinen Hügel wandern, werde ich schon stutzig. Durch meine Zivildienstzeit bei der Drogenberatungsstelle Ganslwirt und bei Streetwork Karlsplatz, stechen mir jegliche Konsum-Spuren von Rauschgift sofort ins Auge. Leere Fläschchen von destilliertem Wasser und das eine oder andere gebrauchte Stericup (Anm.: kleiner Einweglöffel zum Aufkochen) liegen auf den Stiegen verstreut. Nachdem ich ein bisschen danach gesucht habe, finde ich auch eine gebrauchte 1ml-Spritze.

Die Graffitis sind recht schön, aber für mich eher Nebensache. Aus welchem Grund auch immer, bin ich auf den Keller neugierig. Joao meint, er könne mich kurz mitnehmen, wisse aber nicht, ob jemand da ist. Einzige Bedingung: Keine Fotos - ja, klar ...

Mit einem kräftigen Ruck reißt er das schwere Eisentor auf. Tatsächlich sitzen bei spärlicher Beleuchtung drei junge Männer im angeräumten Keller. Alle zwischen 20 und 25 Jahre alt, groß gewachsen und vor allem "bumzua". Mehrere Spritzen und Nadeln liegen auf dem Boden. "Wieder gehen?", fragt mich Joao. "Nein, kein Problem", antworte ich und setze mich vorsichtig auf einen Hocker.

Die drei scheinen nicht ungut zu sein. Ein bisschen Smalltalk über mich und über sie, dann zeigt mir Rufi mit zittriger Hand ein paar seiner Skizzen. Ich heuchle weiter Interesse bis ich endlich zum Themenwechsel ansetze. Es brennt mir unter den Fingernägeln: "Und, was nehmt ihr da so?" - "Buprenorphin", sagt Rufi und schüttelt mit einer Dose Tabletten.

Die drei befinden sich alle in Substitionsbehandlung und bekommen das Buprenorphin (in Österreich eher als Subutex bekannt) von ihrem Arzt verschrieben. "Sonst noch was? Benzos dazu vielleicht? Und welche Nadeln? - 19er wie ich sehe ..."

Und dann ist es Zeit zu gehen

Zugegeben, ich war viel zu neugierig und aufdringlich. Zu spät. Verunsicherung macht sich breit, ich scheine mich zu gut auszukennen. Die drei sprachen die ganze Zeit ausschließlich Englisch. Auf einmal beginnen sie auf Portugiesisch herumzumurmeln, der eine kramt nervös in einer Tasche. Joao schaut mich warnend an. Ich beginne mich unwohl zu fühlen und beschließe, dass es besser ist zu gehen.

Fluchtartig verschwinden Joao und ich, bewegen uns im Laufschritt zur nächsten Metro-Station. "Das könnte knapp gewesen sein. Die dachten am Schluss, dass du ein Polizist in Zivil bist".