Es war eine staatstragende Kampagne. Im Jahr 2002 affichierte die ÖVP ihre Kanzler großflächig mit dem Slogan "Wer, wenn nicht er". Schüssel gewann die Wahl, was wohl eher auf die sich zerbröselnden Freiheitlichen zurückzuführen ist als auf das Plakat. Doch der Slogan ging in seinen Abwandlungen ein in die Sammlung der geflügelten Worte der österreichischen Innenpolitik.

Diese Worte wandelten nun die Kinder der Schüssel-Generation, die Junge ÖVP, ab. In einem Image-Film lautet der Spruch: "Wer, wenn nicht wir". Ein Teil der JVP-Wien-Granden bewirbt sich darin um einen Sitz im Präsidum. Untermalt wird das Video, welches im Jänner online gestellt wurde, von dem Lied "Barbra Streisand" von Duck Sauce. Genau eben jenes Lied, welches vor ein paar Wochen als "Ursula Stressned" als Persiflage auf Ursula Stenzel für Furore sorgte. Aber das nur nebenbei.

Das eigentliche Interessante sind die Statements in dem Video: "Wer, wenn nicht wir machen Wien zu einer modernen Stadt", heißt es da, oder "Wer, wenn nicht wir sind der Herzschrittmacher der ÖVP Wien". Zumindest kann man das als Eingeständnis werten, dass die Volkspartei in der Bundeshauptstadt nicht allzu gesund ist. "Wenn er die Sponsoren so anzieht wie die Mädels, dann brauchen wir uns um die Finanzen der JVP keine Sorgen machen", heißt es über den Kandidaten zum Finanzreferenten. Und Sebastian Kurz? – "Der scheißt sich nichts", sei ein "Platzhirsch" und "Überzeugungstäter". Na dann.

Her mit dem Jod

Die Ereignisse in Japan führen auch in Österreich zu Diskussionen. Manches davon ist berechtigt, manches entpuppt sich als Panikmache oder Unwissenheit. Entgegen aller Expertenmeinung fordert beispielsweise die FPÖ die Ausgabe von Jod-Tabletten an die Bevölkerung. Schon am 12. März fordern die FPÖ-Politiker Johann Gudenus und Peter Frigo, letzterer übrigens Arzt, die Ausgabe von Kaliumjodid-Tabletten in einer Aussendung. Darin heißt es:

"Da eine Belastung mit radioaktiven Jod aus Japan durch die Kernschmelze in den Atomkraftwerken evident ist sollte die Bevölkerung sofort mit Kaliumjodid-Tabletten versorgt werden."

Drei Tage später legt Gudenus in einer Aussendung, nun solo, in Richtung Wien nach:

"Die Stadt muss die Sorgen der Bürger endlich ernst nehmen und von sich aus zumindest an die besonders gefährdete Gruppen der Kinder Jodtabletten verteilen."

Eingenommen sollen sie zwar erst im Ernstfall, dass dieser aktuell einige Tausend Kilometer entfernt ist, ist der FPÖ nicht so wichtig. "Vielleicht sollte man Gudenus sagen, dass die Jodtabletten, zu früh eingenommen, schädlich auf die Schilddrüse wirken", klärt Twitter-User @bierbo den FPÖ-Klubobmann in Wien auf.

Ernst Strasser, Agent in geheime Mission

Ein weiterer Spezialist diese Woche war Ernst Strasser. Er ist bei Lobbyisten scheinbar begehrt, auch bei jenen die sich nur zum Schein als solche ausgeben. Er wollte nur die Hintermänner aufklären, und leitete deswegen den Gesetzesvorschlag zum Anlegerschutz an seinen Kollegen Karas weiter. Die Affäre beschäftigt nicht nur die Medien, sondern auch die heimische Twitteria:

"Ich fordere eine politikverbotszone für strasser. manchmal ist halt eine einmischung von aussen zum schutze der demokratie unabdingbar...", schreibt @markusreiter. Auch Vergleiche mit anderen Berühmtheiten werden angestellt: "Der Strasser ist ja der größere Grasser", meint @aut23. Bekanntlich war Strasser laut Eigendarstellung einem nicht näher genannten "Geheimdienst" auf der Spur: "Der Geheimdienst ist nun also in Sachen Anlegerschutz aktiv...ist das Dein Ernst Strasser?", kommentiert @paolo_s.

ÖVP-Frauen: "Die Gepäcksträgerin"

Die Videoredaktion der ÖVP hat ganze Arbeit geleistet, sie wird diese Woche gleich zweimal erwähnt. Auch die Tiroler ÖVP-Frauen haben sich mit einem besonderen Video ausgezeichnet. Unter dem Titel "selbst. bewusst. sein. auf DICH kommt es an! die frauen in der Volkspartei" wurde ein Video auf Youtube online gestellt. Kurzfristig war es dort auf dem offiziellen Account nicht mehr zu finden, auch auf der Homepage der Tiroler ÖVP-Frauen ist der Spot verschwunden. Er wurde am späten Freitagnachmittag offline gestellt. Vorangegangen war eine intensive Debatte auf Twitter. Mittlerweile ist er jedoch wieder zu finden. So schnell geht im Internet nichts verloren.

Doch zum Inhalt:

Was als Werbung der ÖVP-Frauen gedacht war, zeigt ein Frauenbild, das als zumindest antiquiert und sexistisch zu bezeichnen ist. Eine Mutter und Ehefrau durchlebt einen Tag, ihre verschieden Rollen werden dargestellt. Sie kümmert sich ums Kind, bedient den Mann, arbeitet im Büro. Die "Putzfrau", "Die Zuhörerin", "Die Karrierefrau", die "Gepäcksträgerin" oder "Die Erotische" – so sind die kurzen Sequenzen unter anderem benannt. Was für eine "Powerfrau". Am Ende eines Tages hat sie sogar noch die Energie halbnackt dem biertrinkenden Mann die Füße zu massieren. Was für ein Einsatz. Ein modernes Frauenbild sieht anders aus.

"Weil wir dann noch aktiv sind, wenn die Männer schlafen", heißt es in dem Spot. Das, was die Tiroler ÖVP in ihrem Spot zeigt(e), ist ein Heimchen am Herd 2.0. Zusätzlich zu dem was sie bisher gemacht hat, darf sie auch Karrierefrau sein. Das Macbook ist immer dabei, aber sonst hat sich nicht viel im Rollenverständnis geändert. "Schön, dass das Frauenbild d.ÖVP so aussieht, dass die Frau ALLES checkt & der Mann nur eine Statistenrolle spielt", schreibt Twitter-Userin @eharz. (Sebastian Pumberger, derStandard.at, 18.3.2011)