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Das Crewmitglied eines Navy-Hubschraubers hilft bei der Wasserversorgung der Erdbeben- und Tsunami-Opfer. Wie lange die Notversorgung aufrecht bleiben muss, ist ungewiss.

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Standard: Müssen Teile Japans auf Jahre, vielleicht Jahrzehnte mit Tankwagen versorgt werden, weil Grundwasser verstrahlt ist?

Gerten: Ich bin kein Strahlenexperte. Denkbar aber ist es schon. In welchem Ausmaß das Grundwasser verseucht ist, lässt sich schwer sagen, es gibt keine Daten.

Standard: Angeblich wurde radioaktives Jod und Cäsium gefunden.

Gerten: Das wäre alarmierend, über das Ausmaß kann nur spekuliert werden. Hinzu kommt, dass Japan kaum Flächen hat, um Nahrungsmittel anzubauen. So überrascht es nicht, dass der Importstrom nach Japan bei jenen Produkten groß ist, die viel Fläche und Wasser bräuchten, um im Land selbst ausreichend produziert zu werden.

Standard: Die Ölpreise sind hoch, Rohstoffe werden knapp. Droht etwas Ähnliches auch bei Wasser?

Gerten: Es gibt regional Unterschiede. Wir haben Gebiete ohne Wasserprobleme, während in anderen Regionen Wasser schon immer knapp war und sich die Situation durch den Klimawandel möglicherweise noch verschärft.

Standard: Können wir noch ruhigen Gewissens die Badewanne füllen, wenn anderswo Wasser fehlt?

Gerten: Wenn Sie in einer Region Wasser verbrauchen, in der es genug davon gibt, schadet das anderswo nicht. Anders ist es, wenn beispielsweise in Südspanien, wo es sehr trocken ist, Wasser für Produkte eingesetzt wird, die dann exportiert werden.

Standard: Welche Produkte sind in der Herstellung wasserintensiv?

Gerten: Zum Beispiel Fleisch. Für Tierfutter werden große Flächen benötigt. Überhaupt ist Fleischproduktion ineffizient. Für ein Kilo Fleisch benötigt man 15-mal mehr Wasser als für die Herstellung von einem Kilo Getreide.

Standard: Gibt es genug Trinkwasser, wenn die Weltbevölkerung bis 2050 auf neun Milliarden steigt?

Gerten: Lokal wird es Probleme geben. Trinkwasserversorgung ist aber nur ein Teil der Geschichte, das meiste Wasser geht in die Landwirtschaft. Dort kommt es sicher zu Engpässen. Einmal, weil sich die Wasserknappheit durch den Klimawandel verschärfen wird - in Südeuropa genauso wie im Nahen Osten, Zentralasien, Mexiko, den südwestlichen USA und Teilen Australiens. Zum anderen übt das Bevölkerungswachstum zunehmend Druck auf die Wasserressourcen aus.

Standard: Was also tun?

Gerten: Es gibt viele Möglichkeiten, Wasser zu sparen, im Haushalt, in der Landwirtschaft. Wenn es gelingt, Pflanzen effizienter mit Wasser zu versorgen, könnte die weltweite Agrarproduktion auf heutigen Ackerflächen um fast 20 Prozent gesteigert werden.

Standard: Bis jetzt haben wir Wasserknappheit vor allem als afrikanisches Problem wahrgenommen. Kann uns das in Europa blühen?

Gerten: Ja. Die Sommer in Süd- und Teilen Westeuropas werden insgesamt trockener. Das heißt heißere Bedingungen und längere Perioden ohne Niederschlag.

Standard: Werden auch Österreich und Deutschland betroffen sein?

Gerten: Im Sommerhalbjahr ja.

Standard: Drohen subtropische Verhältnisse?

Gerten: Je weiter man vorausblickt, desto eher geht es in diese Richtung.

Standard: Wie viel Zeit haben wir noch, den Hebel umzulegen?

Gerten: Wenn das Ziel ist, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu beschränken und damit die schlimmsten Folgen zu vermeiden, dann müssen die Emissionen in einem Zeitfenster von 15 bis 20 Jahren stark reduziert werden.

Standard: Wenn immer mehr Wasser benötigt wird, um den Hunger zu stillen, drohen dann bald auch Kriege ums Wasser?

Gerten: Ich würde eher von Konflikten sprechen. Davon wird es sicher mehr geben in Zukunft. (Günther Strobl/DER STANDARD, Printausgabe, 19.3.2011)