Paris - Die französische Nationalversammlung hat das neue Immigrationsgesetz der konservativen Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy (UMP) in zweiter Lesung genehmigt. Obwohl auf die Aberkennung der Staatsbürgerschaft infolge heftiger Kritiken von Opposition und Menschenrechtsvereinigungen verzichtet wurde, enthält das neue Gesetz dennoch weit strengere Bedingungen für die Aufnahme und den Aufenthalt von Ausländern in Frankreich. Nun kommt das Gesetz noch in zweiter Lesung in den Senat.

Drei Bestimmungen in dem Gesetzestext betreffen auch in Frankreich wohnhafte Bürger der Europäischen Union. Im Blickpunkt ist insbesondere der "Missbrauch von Kurzaufenthalten". Die Bestimmung erlaubt es den französischen Behörden EU-Bürger abzuschieben, die ständig zwischen ihrem Heimatland und Frankreich hin- und herreisen, und zwar im Bemühen, "sich ständig im Staatsgebiet niederzulassen".

"Unvernünftige Last"

Dasselbe gilt für Unionsbürger, die eine "unvernünftige Last für die Sozialversicherung" darstellen. Beide Bestimmungen scheinen ausdrücklich auf die Roma zugeschneidert, die auf Initiative Sarkozys seit dem vergangenen Sommer massiv in ihre Herkunftsländer Rumänien und Bulgarien abgeschoben werden, häufig aber wieder nach Frankreich zurückkehren. Menschenrechtsorganisationen übten heftige Kritik an diesen beiden Bestimmungen. Sie stellen in deren Augen den Versuch der Regierung dar, das Unionsrecht zu umgehen, das für EU-Bürger Reisefreiheit vorsieht.

Die dritte auch für Unionsbürger gültige Bestimmung sieht vor, dass Ausländer, die seit mehr als drei Monaten und weniger als drei Jahren in Frankreich leben, abgeschoben werden können, wenn sie "eine Gefahr für die öffentliche Ordnung" darstellen. Unter den Gründen dieser "Gefahr" werden auch das "aggressive Betteln" und das "unerlaubte Besetzen öffentliche Grundstücke" genannt. Daher erscheint auch diese Bestimmung eigens für die Roma verfasst worden zu sein, gaben Kritiker des Gesetzes zu bedenken.

Als Kernstück der Reform sieht die Regierung allerdings eine ebenfalls heftig umstrittene Bestimmung an, welche die Dauer des Polizeigewahrsams der ohne Aufenthaltsgenehmigung ermittelten Ausländer von zwei auf fünf Tage anhebt. Binnen den fünf Tagen muss das Verwaltungsgericht dann entscheiden, ob der betreffenden Ausländer abgeschoben werden soll. Bisher wurden die "Sans Papiers" oft wegen Ablauf des Termins auf freien Fuß gesetzt, bevor sich das Gericht in ihrem Fall ausgesprochen hatte. Daher konnte laut Innenministerium nur jede fünfte Abschiebungsverfügung auch effektiv durchgeführt werden.

Die maximale Haftdauer von Ausländern ohne Aufenthaltsgenehmigung in Erwartung deren Abschiebung wurde von 32 auf 45 Tage angehoben. Überdies wurde ein "Rückkehrverbot" eingeführt. Dieses kann bis zwei Jahre lang dauern und betrifft Ausländer, die in Frankreich blieben, obwohl sie auf Beschluss der Behörden zur Ausreise verpflichtet waren. Eingeschränkt wird im Gesetz auch der kostenlose Gesundheitsdienst der Spitäler (AME, "Aide Medicale d'Etat"). Bisher hatten jene Ausländer zu französischen Spitälern Zugang, die in ihren Herkunftsländer keinen "effektiven" Zugang zum Gesundheitswesen hatten. Nunmehr soll der Zugang nur im Falle der "Inexistenz" eines Gesundheitswesens im Herkunftsland zugesagt werden.

Eingeführt wurde in dem Gesetz auch der Begriff der "grauen Hochzeit", den Industrieminister Eric Besson erfunden hat, als er noch Immigrationsminister war. Es handelt sich dabei um die Fälle, in denen Ausländer gutgläubige Franzosen bloß in der Absicht heiraten, die Staatsbürgerschaft zu erhalten. In dem Fall sind sieben Jahre Haftstrafe und bis zu 30.000 Euro Strafgeld vorgesehen. Die Gegner des Gesetzes weisen allerdings darauf hin, dass dieser Tatbestand wohl sehr schwer zu beweisen sei, weil er allein von den Absichten des ausländischen Ehepartners abhängig ist.

Für eingebürgerte Franzosen wurde von dem Gesetz überdies eine Liste von Verpflichtungen eingeführt. Insbesondere müssen sie vor der Einbürgerung einen "Integrationskurs" mit anschließender Abschlussprüfung besuchen und eine "Charta der Rechte und Pflichten der Bürger" unterzeichnen. Überdies sollen in Frankreich geborene Kinder ausländischer Eltern künftig dazu verpflichtet sein, schriftlich um den Erhalt der Staatsbürgerschaft anzusuchen. Bisher erhielten sie die Staatsbürgerschaft mit 18 Jahren automatisch. (APA)