Ein Fremdkörper scheint die bunte Abgeschlossenheit durchbrochen zu haben: Installation "Broken" von Marlene Hausegger.

Foto: Bucher

 

Wien - So weit der eigene Arm aus dem Fenster reicht: Die Armlänge war jenes Maß, an dem Friedensreich Hundertwasser die Gestaltungsfreiheit des Einzelnen fest- machte. Für das Projekt Windows Open (Steirischer Herbst 2010) bezog sich Marlene Hausegger auf sein berühmtes Fensterrecht und persiflierte es zugleich: Mit Teleskopstangen - also verlängerten Armen - wurden den Fenstern eines Wohnhauses farbige Strahlen aufgemalt. Die Aktion fand allerdings nicht nur Freunde. Eine Passantin rief sogar aus: "Schau, die randalieren!"

Ein Vorwurf, der Hausegger (geb. 1984 in Leoben) schmunzeln lässt; zugleich verweist er aber auf den widerständigen Charakter ihrer Arbeiten, die mitunter rasch auf konkrete Situationen im öffentlichen, urbanen Raum reagieren. Eine Auswahl ist derzeit unter dem Titel grosso modo im Projektraum Viktor Bucher zu sehen.

Einer ihrer im Medium Foto überdauernden Eingriffe entstand während eines Aufenthalts in Albanien. Dort reagierte sie etwa auf die Autovernarrtheit der Bevölkerung (bis zur Wende war privater Autobesitz verboten), die sich in der Allgegenwart von Luxuskarossen und -zubehör widerspiegelt: Einen Verkaufsstand voller Autofelgen interpretierte sie als Blütenköpfe und ergänzte grüne Stängel und Blätter aus Pappe (Flower Power, 2010).

Auch bei Observer ergibt sich der Kommentar durch eine Hinzufügung: In einem Hof in Wien steht seit Jahren ein Gerüst, das keine offensichtliche Funktion erfüllt. Dieses Objekt, einem Hochstand nicht unähnlich, blieb für die Künstlerin ebenso faszinierend wie rätselhaft. Also setzte sie ihm einen Hut auf: Gleich einem Partyhut oder bunten Zelt verstärkt dieses widersprüchliche Element den absurden Charakter der Konstruktion.

Trotz dieser spielerischen, in ihrer Buntheit harmlos wirkenden Eingriffe sind viele der Arbeiten politisch motiviert - so auch das Video Good night government. Bei Sonnenschein läuft die Künstlerin am Parlament vorbei, drückt einen Schalter an der Figur der Justitia: Das Licht geht aus. Es ist finster. Ein Gutenachtgruß ans Parlament, das am Tag von Hauseggers Ausstellungseröffnung die Fremdenrechtsnovelle beschloss.

In Marlene Hauseggers Arbeiten finden Form und Inhalt überzeugend zusammen. (Anne Katrin Feßler/ DER STANDARD, Printausgabe, 17.3.2011)