Wien - Im Wiener Wohnbauressort ist, wie mehrfach berichtet, für das heurige Jahr der Sparstift angesetzt und damit auch die Wohnbauförderung zusammengestrichen worden. Um Rückgänge bei geförderten Neubauten zu kompensieren, setzt die Stadt nun auf private Partner. Ihnen werden - bei Erfüllung bestimmter Auflagen - Geldmittel zu günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt. Dadurch könnten bis zu 7.500 neue "leistbare" Wohnungen entstehen, so Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) am Dienstag. Ein Schwerpunkt soll auch auf dem Stadtentwicklungsgebiet Aspern liegen.

"Ergänzung" zum geförderten Wohnbau

Ludwig sprach von einer "ergänzenden Schiene" zum geförderten Wohnbau. Dieser werde jedoch nicht ersetzt. Für die Offensive stellt die Stadt maximal 500 Mio. Euro zur Verfügung, die sie selbst zu niedrigen Zinsen aufnimmt und die die Bauträger zurückzahlen müssen. "Wir nutzen die große Bonität der Stadt und geben diese günstigen Konditionen weiter", erläuterte Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ). Interessierte Konsortien können sich demnächst im Rahmen eines für 14 Tage angelegten Calls bewerben. Ludwig hofft, dass sich bis Ende 2012 bereits ein Großteil der Projekte in Bau befinden wird.

Um an das Geld zu kommen, müssen allerdings gewisse Kriterien erfüllt werden. So dürfen die privaten Partner Mieten bzw. Eigenmittelbeträge nur bis zu einer festgelegten Obergrenze verlangen. Dafür gibt es zwei Varianten. Bei Möglichkeit A betragen die Nettomiete höchstens 6,10 Euro pro Quadratmeter und der Finanzierungsbeitrag des Mieters 150 Euro pro Quadratmeter. Bei Option B fällt die Nettomiete mit maximal 4,75 Euro niedriger aus, allerdings belaufen sich die nötigen Eigenmittel auf 500 Euro pro Quadratmeter.

Die Vermieter sind verpflichtet, diese Konditionen allen Bewohnern zu garantieren, die in den ersten zehn Jahren nach Fertigstellung der Anlage einen Mietvertrag abschließen. Dadurch werde sichergestellt, dass die Mietpreise nur geringfügig über jenen des geförderten Wohnbaus und deutlich unter jenen des freien Marktes lägen, so Ludwig. Außerdem muss die Hälfte der neuen Wohneinheiten direkt über die Stadt - genauer: das Wohnservice Wien - vergeben werden.

Schwerpunkt Aspern

Was die Standorte für die angestrebten Neubauten betrifft, will die Stadt unter anderem einen Schwerpunkt auf Aspern legen. Dort hatte es zuletzt geheißen, dass sich der Wohnbau im größten Stadtentwicklungsgebiet mitunter nach hinten verschiebt. Dieser Verzögerung soll durch die angekündigte Offensive nun ebenfalls entgegengewirkt werden, erläuterte der Stadtrat. Brauner erhofft sich Investitionen von bis zu 1,25 Mrd. Euro bzw. bis zu 8.000 neue Arbeitsplätze.

Der grüne Koalitionspartner, der erst am Montag im STANDARD ein derartiges Vorgehen gefordert hatte, begrüßte die Offensive. "Diese Initiative kurbelt auf eine kreative Weise den Wohnbau an, wobei das derzeit günstige Zinsniveau ausgenützt wird", freute sich Gemeinderat Christoph Chorherr in einer Aussendung. Die rot-grüne Regierung habe damit erstmals gezeigt, dass auch mit geringeren öffentlichen Mitteln ökologisches Bauen ermöglicht werden könne, er verwies zudem auf ökologische Auflagen für die Konsortien. 

VP sieht "Ende des geförderten Wohnbaus"

Ob das grüne Vorsprechen die Stimmung innerhalb der rot-grünen Koalition getrübt habe? Brauner, Ludwig und Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) quittierten diese Frage am Dienstag vor Journalisten mit einem demonstrativen Lächeln. Dass die Idee für die kreative Finanzierung von den Grünen gekommen sei, "ist jetzt wurscht" , sagte Häupl. "Aber die Umsetzung", betonte Wohnbaustadtrat Ludwig, "obliegt schon noch den Sozialdemokraten."

VP-Wohnbausprecher Nobert Walter wertet die Initiative als "Schritt in die richtige Richtung" , befürchtet aber "das Ende des geförderten Wohnbaus in der bisherigen Form" .

Auch für FP-Wohnbausprecherin Henriette Frank versucht Ludwig gerade, "den sozialen Wiener Gemeindebau nicht nur an Private abzugeben, sondern durch das enorme Preisniveau nur mehr begüterten Menschen Zugang zu Wohnraum zu verschaffen".

Gemeinnützige erfreut

Als "wichtige Maßnahme zur rechten Zeit" wertete hingegen der Obmann des Dachverbandes der gemeinnützigen Bauvereinigungen, Karl Wurm, die Initiative. Und betonte: "Die Stadt Wien wird - so wie im geförderten Wohnbau - in den Gemeinnützigen Partner finden, welche diese Wohnbauoffensive tatkräftig unterstützen." Mit den Mitteln von der Stadt, dem Eigenkapital der Gemeinnützigen, aufgrund einer hohen Bonität der Gemeinnützigen günstigen Kapitalmarktdarlehen sowie den Finanzierungsbeiträgen der zukünftigen Mieter sollte ein Finanzierungsmix herauskommen, "der die anvisierte Nettomiete von 4,75 respektive 6,10 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche möglich macht. Voraussetzung dafür sind natürlich insgesamt stabile Zinskonditionen", so Wurm.

Der GBV-Obmann hofft nun, dass von der Stadt Wien, wie angekündigt, die erforderlichen Grundstücke zur Verfügung gestellt und die Bauverfahren zügig abgewickelt werden: "Wenn das passt und zusammen mit unseren organisatorischen und technischen Kapazitäten sollten in den nächsten zwei Jahren die Projekte im Rahmen dieser neuen Wohnbau-Offensive umsetzbar sein."  (APA/red)