"Offensiver": IPI-Direktorin Alison Bethel McKenzie.

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Wien - Diese Woche noch fliegt Alison Bethel McKenzie, die Direktorin des Internationalen Presse Instituts IPI, in die Türkei. Zu den dutzenden Journalisten, die dort im Zusammenhang mit ihrem Beruf im Gefängnis sitzen, zählt nun auch Nedim Sener. Ihn hat das IPI erst 2010 für seine Recherchen über den Mord am armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink als "Held der Pressefreiheit" ausgezeichnet. Die türkischen Behörden werfen Sener Beteiligung an Umsturzplänen vor. Die IPI-Direktorin will versuchen, den Journalisten freizubekommen.

"Die Situation der Medien in Österreich ist natürlich nicht zu vergleichen mit jener in Ländern wie der Türkei oder Ungarn", sagt die IPI-Chefin Montagabend in Wien. Hier ist "alles auf eine Art okay", sagt sie. Aber eben nur auf eine Art: "Viele Journalisten haben ihre Besorgnis geäußert über den Einfluss von Politikern auf einzelne Medien und den Einfluss von Werbekunden auf einzelne Medien." Das IPI analysiere gerade, "wie wir damit umgehen sollen. Es gibt hier Themen, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Themen, mit denen sich das IPI offensiver befassen muss." "More aggressive", formuliert die IPI-Direktorin da wörtlich.

Politeinfluss im ORF

Antony Mills, beim IPI Pressefreiheits- und Kommunikationsmanager, verlangt von Journalisten "gesundes Misstrauen" gegenüber Regierungen wie auch Marketing- und PR-Agenturen. Auch wenn sich das IPI an diesem Abend im Zigarrenklub der Agentur Ketchum Publico präsentierte.

Mills nennt Beispiele, welche heimischen Medien dem IPI etwa auffielen: "In vielen westlichen Ländern sind öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten zugänglich für politischen Einfluss." Beim ORF habe die Diskussion der vergangenen Monate das aber besonders deutlich gemacht.

Das "Phänomen Kronen Zeitung" ist dem IPI mit Sitz in Wien ebenso wenig verborgen geblieben. International "einzigartig", nennt Mills die Marktposition der Krone. Rupert Murdochs Sun komme in Großbritannien eine zentrale Rolle zu, wenn es um den nächsten Premierminister geht. "Aber nicht einmal die Sun kommt an das Gewicht der Kronen Zeitung in Österreich heran." Das bedeute aber auch ein besonderes Maß an Verantwortung.

Für forscheres öffentliches Auftreten des IPI plädierte Gerfried Sperl, Chef des Österreich-Komitees der Organisation und lange STANDARD-Chefredakteur. Er organisierte zuletzt eine breite Inseratenkampagne gegen das ungarische Mediengesetz. (fid/DER STANDARD; Printausgabe, 16.3.2011)