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Der Polizeizutritt zu Wohnungen und Razzien sollen durch die Fremdengesetznovelle erleichtert werden.

Foto: AP Photo/Winfried Rothermel

Die eigene Wohnung bietet Schutz, Unerwünschte weist man an der Tür einfach ab - und auch die Polizei darf nur herein, wenn ein ernster, strafrechtlich begründeter Verdacht besteht: So bestimmt es das Hausrecht, das durch Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf Familien- und Privatleben) abgesichert ist. Davon geht in Österreich jeder aus - und kann das bisher auch tun, denn selbst Ausnahmen von der Regel legen der Exekutive Einschränkungen auf.

So etwa bei der Suche nach "illegalen" Ausländern. Will die Polizei eine Wohnung betreten, so muss sie den begründeten Verdacht haben, dass sich darin fünf "Fremde" - unter ihnen "Illegale" - befinden. Besagte Bestimmung laut Paragraf 36 Fremdenpolizeigesetz wurde ursprünglich eingeführt, um in so genannte Bunkerwohnungen von Schleppern vorzudringen. Sie gilt auch, wenn die Fremdenpolizei in legalen Flüchtlingsunterkünften Einzelne oder Familien zur Abschiebung abholt. 

Für Polizisten einfacher

Sie gilt nicht, wenn sich an dem Ort weniger als fünf Ausländer aufhalten. Ist das der Fall, stehen die Polizisten wegen des Hausrechts ermächtigungslos vor verschlossenen Türen. Sie müssen abwarten, dass die „Fremden" die Wohnung verlassen. Ein Hemmnis, das jetzt beseitigt werden soll: In die Regierungsvorlage für die Fremdenrechtsnovelle, die vor zwei Wochen im Ministerrat beschlossen worden ist, wurde eine weitere Verschärfung hinein montiert. Davor, im Begutachtungsentwurf, war sie noch nicht enthalten. 

Und zwar soll laut dem kurzerhand veränderten Paragrafen 36 das Betreten von „Grundstücken, Räumen, Betriebsstätten, Arbeitsstellen sowie Fahrzeugen" künftig auch dann bereits erlaubt sein, wenn „auf Grund bestimmter Tatsachen" anzunehmen ist, dass sich darin ein einziger „illegaler Fremder" befindet. Nur einer reicht: Das würde der Fremdenpolizei Zugang zu Privatwohnungen alleinlebender Ausländer oder binationaler Paare eröffnen, mit oder ohne Kinder - wenn der Ausländer in Verdacht steht, keinen gültigen Aufenthaltstitel zu besitzen. Und die Polizisten dürften in der Wohnung dann auch „Behältnisse" inspizieren, um Personen zu finden, die sich etwa im Kleiderkasten oder hinter einer eingezogenen Trennwand verbergen. Das sieht ein weiterer neuer Paragrafenzusatz vor.

Übersehen worden?

Wem das jetzt martialisch vorkommt, der ist nicht allein: Der Wiener Anwalt und Fremdenrechtsexperte Georg Bürstmayr etwa meint, dass diese Verschärfung krass menschenrechtswidrig ist. Den Verhandlern des Fremdenpakets hingegen war die neuerliche Entwurfsänderung und die damit einhergehende Grundrechtsproblematik bisher kein einziges Wort wert. Ob sie ihnen entgangen ist? Aber vielleicht soll der verschärfte Paragraf 36 FPG ja still und unauffällig beschlossen werden - im April, wenn das Nationalratsplenum über dieses vielschichtige Gesetz abstimmt.

Irene.Brickner@derStandard.at