Bild nicht mehr verfügbar.

Kaum woanders in Europa wird so viel Front gegen Atomenergie gemacht wie hierzulande.

Foto: APA

Als "Insel der Seligen" kann sich Österreich nicht sehen. In fast ganz Europa geht der Trend in Richtung Atomenergie:

Tschechien Das AKW Temelín gehört zu den energiepolitisch brisantesten Streitfällen zwischen zwei Staaten. Das 50 Kilometer von der Grenze entfernte Kraftwerk liefert mit anderen fünf Meilern ein Drittel der Stromproduktion. Zwei weitere Meiler sind in Planung, über ein neuntes wird laut nachgedacht.

Slowakei 120 Kilometer von Österreich entfernt liegt der slowakische Meiler Mochovce. Die ersten beiden Blöcke gingen 1998/2000 ans Netz, 2009 wurden die Fertigstellungsarbeiten gegen starken Protest wieder aufgenommen. Das Land gewinnt mit vier Kraftwerken mehr als die Hälfte seiner Produktion aus Atomkraft.

Deutschland Mit dem Wahlsieg von Angela Merkel vollzog Deutschland eine energiepolitische Kehrtwende und setzte gegen massiven Widerstand einen "Ausstieg aus dem Atomausstieg" durch. Die 17 AKWs machen ein Viertel der Stromproduktion aus. Der Atommeiler Isar 1 liegt 70 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt.

Italien 1987 lehnten die Italiener in einer Volksabstimmung die Nuklearenergie im eigenen Land ab. Drei AKWs wurden abgeschaltet, ein viertes ging nicht mehr ans Netz. Doch nun setzt sich die Regierung über das Referendum hinweg: Geplant sind vier Kraftwerke, mittelfristig könnten es zehn werden. Das Österreich nächstgelegene Kraftwerk könnte in Chioggia bei Venedig entstehen, in 160 Kilometer Luftlinie.

Frankreich ist die Nummer eins in Europa. 58 Reaktoren produzieren mehr als 75 Prozent des französischen Stroms. In Flamanville entsteht ein Europäischer Druckwasserreaktor (EPR), der 2014 ans Netz geht. Ein zweiter ist geplant.

Schweiz Erstmals seit 20 Jahren soll in der Schweiz wieder ein AKW gebaut werden, die fünf bestehenden liefern knapp vierzig Prozent des Stroms.

Polen ist ein Newcomer. In zehn Jahren soll das erste von mindestens sechs AKWs in Betrieb gehen, um weniger abhängig von der Kohleproduktion zu sein.

Schweden machte ähnlich wie Deutschland den Atomausstieg rückgängig. Das Land produziert zu einem Drittel atomar.

Finnland hält an seinen vier Atomreaktoren fest. Zwei weitere werden gebaut, um autark zu werden. Der europaweit erste EPR wird in Olkiluoto gebaut. Wie in Schweden liegt der AKW-Stromanteil bei rund einem Drittel.

Belgien erreicht mit sieben AKWs einen Atomstromanteil von mehr als 50 Prozent.

Großbritannien bestreitet fast ein Fünftel des Energiebedarfs mit Atomkraftwerken.

Boom-Nationen Ungarn deckt 43 Prozent und Slowenien 38 Prozent der Produktion mit Atomstrom ab. Der in einem Erdbebengebiet liegende slowenische Reaktor Krsko machte 2008 Schlagzeilen, als es zu einem Zwischenfall im Primärkreislauf kam. Einen Boom verzeichnet man auch in Bulgarien (36 Prozent) und Rumänien (21 Prozent).

Schlusslichter sind Spanien mit rund 17 Prozent AKW-Stromproduktion und die Niederlande, wo nur knappe vier Prozent der Energiegewinnung aus der Kernenergie kommen. Doch ein zweites Kraftwerk ist dort zumindest in einem fortgeschrittenen Diskussionsstadium. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.3.2011)