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Der IAEO-Chef Yukiya Amano stammt aus Japan. Er habe die Vorfälle mit großer Traurigkeit verfolgt, sagte er am
Samstag. Die  Sicherheits-vorkehrungen seien großteils effektiv gewesen.

Foto: APA/EPA/Hochmuth

Sie unterstützt ihre Mitglieder beim Aufbau eines Atomprogramms - bei Unfällen muss sie auf Informationen aus den Staaten zurückgreifen.

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Der aus Japan stammende Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde, Yukiya Amano, wandte sich über Youtube an die Öffentlichkeit. Als das "Weltzentrum für nukleare Zusamenarbeit" habe die IAEO den japanischen Behörden ihre Unterstützung angeboten, erklärte Amano am späten Samstagabend in seiner Video-Botschaft. "Japan hat viele Atomkraftwerke, und die meisten davon sind entweder nicht betroffen oder haben sich sicher abgeschaltet. Das zeigt die Effektivität der Sicherheitsmaßnahmen." Über Fukushima Daiichi gebe es jedoch weiter Besorgnis.

Als Organisation für die Förderung von ziviler Nuklearenergie gilt die IAEO, die in der Wiener Uno-City ihren Sitz hat, als oberstes Kompetenzzentrum in diesem Bereich. Der Andrang auf die Website der Behörde war am Samstag teilweise so groß, dass die Seite zusammenbrach und die Pressestelle auf Facebook ausweichen musste.

Doch nähere Informationen konnte auch die IAEOden Samstag über nicht bieten: Die Mitteilung, dass die japanische Behörde für Nuklearsicherheit sie über die Explosion informiert habe, veröffentlichte die Organisation um 13.40 Uhr. Der Vorfall habe sich 7.30 Uhr MEZ ereignet, mehr Details gebe es derzeit nicht. Die japanischen Behörden bereiteten sich darauf vor, Jod an die Bewohner der Gegend zu verteilen. Das soll gegen Schilddrüsenkrebs helfen, wenn man radioaktiver Strahlung ausgesetzt war. Mehr gab es nicht, den ganzen Tag über. Erst am Abend, zwölf Stunden nach der Explosion, führte Amano die Situation vor Ort aus.

Der Grund: Die IAEO hat ein Krisenzentrum, das Incident and Emergency Centre, das aus rund 20 Experten besteht. Doch bei der Bewertung der Lage ist die Behörde auf die Informationen aus Japan angewiesen. Welche Vorfälle wie rasch, wie umfangreich und wie regelmäßig berichtet werden müssen, ist nach IAEO-Angaben nicht festgelegt.

Ein Warnsystem für Atomunfälle existiert nicht. Inspektionen, um die Sicherheit von Atomkraftwerken in den Mitgliedsstaaten zu überprüfen, gibt es nicht. "Nukleare Sicherheit liegt in der Verantwortung der Staaten" , sagte IAEO-Sprecher Greg Webb dem Standard. Anders etwa als bei den Inspektionen im Rahmen des Safeguards Abkommens, die unter anderem sicherstellen sollen, dass kein Nuklearmaterial für militärische Zwecke verwendet wird.

In Sachen Sicherheit von AKWs kann die IAEO zwar aktiv werden: sie kann Sicherheitssysteme prüfen, Notfallpläne begutachten, Messungen vornehmen, Empfehlungen abgeben oder auch Gesundheitsrisiken evaluieren - allerdings auf Einladung des Staates.

Der Unfall in Japan könnte sich jedoch auch auf anderer Ebene auf die Arbeit der IAEO auswirken. "Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass wir am Beginn einer neuen Ära stehen" , hatte Generaldirektor Amano noch im September 2010 in seiner jährlichen Rede an die Versammlung der Mitgliedstaaten gesagt - und damit eine Ära der zivilen Atomenergie gemeint.

Boom der Atomenergie

Angesichts der starken Abhängigkeit von Öl und Gas sowie den Problemen des Klimawandels haten sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr Staaten an die IAEO gewandt sich über ein ziviles Atomprogramm informiert. Das Interesse war mit über 60 Ländern so groß, dass die IAEO neue Mitarbeiter einstellte. Bis 2030, schätzte Amano, würde es zehn bis 25 neue Atomstaaten geben. Kritiker der Kernenergie hatten vor deren Gefahren gewarnt und den Staaten vorgeworfen, im Umgang damit zu blauäugig zu sein. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.3.2011)