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Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy (Mitte) konnte seine Kollegen beim EU-Gipfel nicht von der Sinnhaftigkeit eines militärischen Eingreifens der Union in Libyen überzeugen.

Foto: Reuters/Lenoir

Die Europäische Union zeigte sich am Freitag in Brüssel bei einem Sondergipfel zur Libyen-Krise gespalten in der Frage, ob man Staatschef Muammar al-Gaddafi militärische Zwangsmaßnahmen androhen solle oder nicht. In Rede standen sowohl die Einrichtung einer Flugverbotszone wie auch gezielte militärische Schläge gegen libyische Militäreinrichtungen, von denen aus Gaddafi Angriffe gegen die Aufständischen startet.

Frankreich und Großbritannien hatten sich bereiterklärt, militärisch einzugreifen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich jedoch von Anfang an skeptisch, so wie die meisten Vertreter der EU-Länder.

Ein EU-Beschluss für militärische Maßnahmen sei für ihn nicht vorstellbar, erklärte auch Bundeskanzler Werner Faymann. Österreich unterstütze "humanitäre und wirtschaftliche Aktionen" , lasse sich aber "bei unserer Neutralität nicht dreinreden" . Es wäre auch "absurd, wenn die EU versucht, die Nato zu überholen" .

Laut Merkel gehe es darum zu vermeiden, dass man Gaddafi in die Hand spielt. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass der Westen sich in der arabischen Welt einmische und wie eine Kolonialmacht auftrete, lauten die Ängste in Berlin.

Merkel wünschte sich "ein gemeinsames Signal" , dass man mit Gaddafi nicht mehr zusammenarbeiten wolle. In der Schlusserklärung heißt es, Gaddafi müsse "die Macht sofort abgeben. Sein Regime hat jede Legitimität verloren und ist nicht weiter ein Gesprächspartner."

Das war in der Sache der einzige wirkliche gemeinsame Nenner im Rat. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy präzisierte, wie die von ihm am Vortag angekündigte Militäraktion im Bedarfsfall aussehen könnte. Bedingung für "gezielte, rein defensive Luftschläge" sei ein UN-Mandat, "dass die USA das unterstützen, dass die Arabische Liga das akzeptiert. Militärschläge solle es dann geben, wenn Gaddafi Luftangriffe gegen die Aufständischen oder chemische Angriffe gegen die eigene Bevölkerung starte. Gemeinsam mit dem britischen Premierminister David Cameron hat er diese Position den Partnern im Rat auch vorgetragen.

Es gab dazu, wie Diplomaten bestätigten, hitzige Diskussionen. Der schwedische Premierminister Fredrik Reinfeldt erklärte, dass militärische Aktionen, wenn überhaupt, Sache der Uno, der Nato oder der Arabischen Liga seien. Frankreich und Großbritannien blieben mit ihrer Haltung allein. Aber es gab Verständnis, etwa vonGriechenland, wo man Sorge hat, dass nach einer Militäroffensive Gaddafis gegen die Opposition hunderttausende Flüchtlinge über das Mittelmeer kommen, wenn Libyen seine Landgrenzen schließt.

Am Ende einigte man sich auf einen Kompromiss der es jedem EU-Mitgliedsland freistellt, "alle notwendigen Optionen" des Eingreifens zu prüfen für den Fall von Luftangriffen auf Zivilisten. Sarkozy sieht darin auch die Möglichkeit zu militärischen Aktionen.

Einen lauen Kompromiss gab es auch zur Frage der "Anerkennung" der Opposition im Nationalen Übergangsrat als Vertreter des libyschen Volkes, wie Frankreich das am Donnerstag gemacht hat. Im Ratsdokument heißt es, die Union "betrachtet ihn als einen Gesprächspartner" . Ob und wie der wirtschaftliche Druck auf Gaddafi erhöht wird, blieb offen.

Nato wartet ab

Neben dem EU-Gipfel tagte in Brüssel auch der Nato-Rat der Verteidigungsminister. Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen ging nicht auf Frankreichs Forderungen nach Militäraktionen gegen Libyen ein "Wir haben diese Frage bei unserem Treffen nicht diskutiert" , sagte er, das sei "nicht auf den Tisch gekommen" . Die Allianz habe das Militär um "vorsichtige Planungen für alle Eventualitäten" gebeten. Ein Einsatz würde nur mit Mandat stattfinden, so Rasmussen.

Am Abend teilte der stellvertretende libysche Außenminister Khaled Kaim inTripolis mit, dass Libyen die diplomatischen Beziehungen zu Frankreich abgebrochen hat, da Paris "Libyen spalten will". (Thomas Mayer aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe, 12.3.2011)