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"Ich fordere einen sauberen Prozess!" - Der rekonvaleszente italienische Premier Silvio Berlusconi sieht sich als Opfer der Staatsanwälte. Jetzt will er per Justizreform den Spieß umdrehen.

Foto: epa/Ettore Ferrari

Zwar war er am Freitag wegen des EU-Gipfels verhindert, doch in Zukunft will der italienische Premier vor Gericht erscheinen. Unterdessen versucht er, eine Justizreform zu seinen Gunsten durchzupeitschen.

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Der Prozesstag fand einmal mehr ohne den Angeklagten statt. Beim Gerichtsverfahren wegen Bestechung des britischen Anwalts David Mills ließ sich Silvio Berlusconi am Freitag nicht blicken. Doch der italienische Premier stellte Besserung in Aussicht: In einem Schreiben an das Gericht machte er "unaufschiebbare Regierungsverpflichtungen" in Brüssel für die Abwesenheit verantwortlich.

Im Fernsehen erklärte der Regierungschef, er werde den Italienern zeigen, dass "alle Anklagen aus der Luft gegriffen" seien. "Das wird ein Riesenspaß!"

Unterdessen sorgt die am Donnerstag vom Ministerrat genehmigte "epochale Justizreform" für Diskussionen. Der Richterbund sprach vom "klaren Versuch einer politischen Bevormundung der Justiz" und schloss einen Streik nicht aus. Es handle sich um eine "Strafmaßnahme" gegen die Richter, deren Unabhängigkeit beschnitten werde.

Berlusconi äußerte Genugtuung: "Auf diese Reform warte ich seit 1994. In Zukunft dürfen Staatsanwälte nicht mehr auf eigene Initiative ermitteln, sondern müssen mit dem Hut in der Hand beim Richter anklopfen."

Da die Reform verfassungsrechtliche Prinzipien korrigiert, ist eine zweimalige Lesung in beiden Kammern des Parlaments vonnöten.

Der "Fall Ruby" sorgt indes für neue Schlagzeilen. So berichtet die Tageszeitung Il Fatto über einen Versuch, das Geburtsdatum der jungen Marokkanerin zu fälschen: Im Meldeamt der Stadt Fkih Ben Salah am Fuß des Hohen Atlas hätten am 7. Februar zwei Italiener versucht, eine Beamtin zu bestechen. "Sie haben mir eine hohe Summe geboten, um Karima el-Marough um zwei Jahre älter zu machen" , berichtet die Frau. Sie habe das Geld jedoch abgelehnt. Berlusconi bestritt jede Verantwortung und sprach von einem "neuen Verleumdungsversuch" .

Empört reagierte der Premier auch auf den Corriere della Sera, der Details über Berlusconis private Ausgaben publizierte. Demzufolge gab der Cavaliere 2010 für Villen, Frauen, Feste und Geschenke 34 Millionen Euro aus.

In der Rangliste der privaten Zuwendungen führt das Showgirl Alessandra Sorcinelli mit 115.000 Euro. Seinen Anwalt Niccolò Ghedini entlohnte Berlusconi mit insgesamt 441.000 Euro.

Der Partito Democratico hat den Regierungschef zum Rücktritt aufgefordert und dessen Staatssekretär Gianni Letta sechs Millionen Unterschriften zur Bekräftigung seiner Forderung überreicht. Weitere vier Millionen sollen demnächst folgen. Berlusconi sprach von einer "lächerlichen Aktion" .

Schon in Kürze wird Berlusconis Mehrheit in der Abgeordnetenkammer auf 330 Sitze ausgebaut: Eine Parlamentarierin aus Gianfranco Finis Partei Futuro e Libertà war am Freitag als weitere Überläuferin im Gespräch. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 12.3./13.3.2011)