Vor 65 Millionen Jahren traf ein riesiger Meteorit die Erde und löste in der Folge ein Massensterben aus. Abzulesen ist dieses Ereignis heute noch an der Kreide-Tertiär-Grenze, auch bekannt als Iridium-Anomalie - die ihrerseits Anomalien aufweisen kann.

Foto: Donald E. Davis, Nasa

Wien - Vor rund 65 Millionen Jahren wurde die Erde von einem gewaltigen Meteoriten getroffen, so die allgemein anerkannte Annahme. Hinweis auf dieses apokalyptische Ereignis liefert nicht nur das Massensterben der Dinosaurier; vor allem die sogenannte Kreide-Tertiär-Grenze, auch bekannt als Iridium-Anomalie, legt von dem Einschlag Zeugnis ab. Gemeint ist damit eine Gesteinschicht, die sich durch eine bis über 100-fach erhöhte Konzentration des Elements Iridium und anderer Platinmetalle auszeichnet und überall auf der Erde zu finden ist.

Nun zeigt sich aber an zwei Fundstellen in den USA und in Polen, dass unter speziellen Bedingungen das Iridium quasi ausgewaschen und in tieferen Schichten angereichert werden kann, wie der Kosmochemiker und Direktor des Naturhistorischen Museums (NHM), Christian Köberl, erklärte.

Üblicherweise gibt es das Element Iridium in der Erdkruste in nur in sehr geringer Menge. 1980 haben Physik-Nobelpreisträger Luis Walter Alvarez und sein Sohn Walter Alvarez entdeckt, dass weltweit in Gesteinen, die den Übergang von der Kreidezeit zum Tertiär markieren, Iridium in sehr hohen Konzentrationen vorkommt. Solch hohe Werte dieses Metalls lassen sich nur durch außerirdische Herkunft oder vulkanische Aktivitäten erklären. Da aber die Iridium-Anomalie überall auf der Erde gleichermaßen vorkommt, gehen die Wissenschafter davon aus, dass der Einschlag eines riesigen Meteoriten dafür verantwortlich ist.

Impact-Theorie "stärker denn je" untermauert

1991 wurde mit dem rund 200 Kilometer großen Chicxulub-Krater auf der mexikanischen Halbinsel Yukatan ein passender Kandidat für diesen gigantischen Meteoriteneinschlag gefunden. Der durch den Einschlag aufgewirbelte Staub hat zu einer mehrjährigen Verdunkelung und in der Folge zu einer starken Abkühlung geführt. Das hat zusammen mit anderen Auswirkungen des Impacts ein Artensterben ausgelöst, das zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten - darunter die Dinosaurier - dahingerafft hat. Köberl hat erst im Vorjahr in der Wissenschaftszeitschrift Science gemeinsam mit 40 anderen Wissenschaftern die Ergebnisse neuer Bohrdaten vorgestellt, die diese Impact-Theorie "stärker denn je" untermauerten.

In der polnischen Fachzeitschrift Acta Palaeontologica Polonica hat Köberl nun gemeinsam mit polnischen Kollegen von einer Fundstelle berichtet, die allen bisherigen Befunden widerspricht: An dem Ort in Ostpolen findet sich die Iridium-Schichte rund zehn Zentimeter unterhalb der durch bestimmte Fossilien gekennzeichneten paläontologischen Kreide-Tertiär-Grenze. Eine ähnliche anomale Iridium-Anomalie haben US-Wissenschafter kürzlich im US-Bundesstaat New Jersey festgestellt und in der Fachzeitschrift Geology publiziert.

Mobiles Iridium

Für Köberl sind diese Verschiebungen der geochemischen Iridiumgrenze "ungewöhnlich, denn üblicherweise ist Iridium ein Element, das sich geochemisch überhaupt nicht bewegt und nur schwer umgelagert wird". Der Wissenschafter vermutet, dass es unter bestimmten lokalen, klimatischen und geochemischen Bedingungen, wie lang anhaltende Regenfälle im Tertiär, zu einer Mobilisierung des Iridiums und anschließender Ablagerung in tieferen Schichten kommt. "Es bedarf jedenfalls einer besonderen chemischen Kombination für diese Mobilität des Iridiums", so Köberl.

"Das Bedarf einer Neubewertung der Iridium-Anomalie als Marker", so Köberl. Wenn man nun kein Iridium in einer Schichte finde, heiße das nicht unbedingt, dass es nicht doch eine Impact-Lage ist, also von einem Meteoriten-Einschlag stammt. Das Iridium könnte auch in tiefere Schichten gewandert sein. (red/APA)