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Die weltweite Ölproduktion stagniert seit 2005. Steigt der Ölpreis, sind Innenstadtbewohner davon am wenigsten betroffen. Andere spüren die Teuerung hingegen bis zu zehnmal so stark.

Foto: Reuters/Jorge Silva

Dass Pendler, die daheim mit Öl heizen, von steigenden Ölpreisen am meisten betroffen sind, liegt auf der Hand. Eine Studie ermittelt nun erstmals genau, wie die Mehrbelastungen einzelne Bevölkerungsgruppen treffen.

Wien – Nicht nur an den Tankstellen schnalzen die Preise in die Höhe. All jene, die ihre Wohnungen oder Häuser mit Öl heizen, merken es ebenfalls schmerzhaft: Müssen sie nach der langen Heizperiode gerade jetzt ihre Öltanks neu befüllen lassen, müssen sie dafür weit tiefer in die Tasche greifen als vor zwei Jahren. Bei einem schlecht gedämmten Haus aus den 70er-Jahren etwa können die Mehrkosten rund 1000 Euro für eine Heizsaison ausmachen.

"Mein Aufruf an die rund 820.000 Ölheizer in Österreich lautet: Es könnte euch noch schlimmer erwischen", warnt Michael Cerveny, Leiter des Themenbereiches Energie bei der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (Ögut).

In der Ögut-Studie "ZERsiedelt", die derzeit im Auftrag des Klima- und Energiefonds erstellt wird, zeigt sich erstmals deutlich, welche unterschiedlichen Auswirkungen hohe Ölpreise auf einzelne Bevölkerungsgruppen haben könnten – oder werden.

Als Vergleich diente der krisenbedingte niedrige Ölpreis von 70 Dollar pro Fass (159 Liter) im Jahresmittel von 2009 – und die Annahme einer extrem hohen Steigerung bis zu einem Jahresdurchschnitt von 200 Dollar pro Barrel. Dabei zeigte sich, dass ein urbaner Single-Haushalt vergleichsweise ungeschoren davonkäme: Bei der Annahme einer Gasheizung und von rund 3000 Autokilometern pro Jahr würden die Mehrkosten durch die Ölpreiserhöhung rund 500 Euro im Jahr ausmachen.

Bei einem Ehepaar, das am Stadtrand in einem thermisch sanierten Haus wohnt, mit Gas heizt und rund 5000 Kilometer im Auto unterwegs ist, würden die jährlichen Mehrkosten hingegen schon knapp 1000 Euro betragen.

Voll erwischen würde es aber zwei Personengruppen: Eine Kleinfamilie etwa, die im Speckgürtel einer Stadt in einem teilsanierten Altbau wohnt, mit Öl heizt und rund 18.000 Autokilometer im Jahr abspult. Da würde die Preissteigerung bereits knapp 3400 Euro im Jahr ausmachen.

Die "Ölpreisverlierer"

Ein regelrechter Horror wäre ein Barrelpreis von 200 Dollar aber für eine Pendlergroßfamilie auf dem Land – unsanierter Altbau, Ölheizer, 30. 000 Pkw-Kilometer: Sie könnte sich auf Mehrkosten von rund 5400 Euro im Jahr einstellen. Würde hier hingegen mit Holz statt mit Öl geheizt, würde die Preissteigerung in diesem Szenario "nur" 2400 Euro ausmachen. Bei allen Vergleichen wurde ein 7,5-Liter-Pkw angenommen. Bei einem SUV im Haushalt käme noch einiges dazu.

Die große Frage ist allerdings, ob ein Jahresmittel von 200 Dollar beim Ölpreis überhaupt realistisch wäre. Cerveny meint jedenfalls: "Ich glaube nicht, dass die Weltwirtschaft einen derart hohen Ölpreis verkraften würde. Ich fürchte, dass es schon vorher zu einem Kollaps kommen würde." Auch keine rosige Aussicht.

Nicht unrealistisch wäre hingegen ein Rohölpreis von 135 Dollar pro Barrel, erläutert Cerveny. Allein das würde aber für die obengenannten Bevölkerungsgruppen eine Preissteigerung von 250 bis 2700 Euro im Jahr bedeuten.

Dass es auch bei einer gleichbleibenden weltweiten Ölproduktion zu Preissteigerungen kommen wird, steht für den Ögut-Experten jedenfalls außer Zweifel – unabhängig von Spekulationen oder der derzeitigen Libyen-Krise.

Auffällig ist für Cerveny, dass die weltweite Ölproduktion seit 2005 stagnierte – trotz einer guten Wirtschaftsentwicklung bis 2008. Gleichzeitig sind aber die Ölexporte seit 2005 zurückgegangen – "weil der Inlandsverbrauch in den Opec-Staaten, in Russland und anderen ölproduzierenden Ländern deutlich zugenommen hat".

Und die weltweite Tagesproduktion von rund 85 bis 88 Millionen Barrel pro Tag konnte nur mit teuren und energieintensiven Produktionsarten aufrechterhalten werden: wie Biosprit, Ölsande oder Tiefseebohrungen. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.3.2011)