Wien - Die für Dienstag angesetzte Abschiebung einer seit fünf Jahren in Wien lebenden Familie aus Tschetschenien hat auch beim siebten Versuch nicht stattgefunden. Die geplante Überstellung nach Polen hatte zuvor für Aufregung gesorgt, Dienstagfrüh waren Demonstranten und Journalisten vor dem "Freunde schützen"-Haus im 12. Bezirk erschienen.

Die Mutter zweier Söhne befindet sich - zum wiederholten Mal - wegen psychischer Probleme im Krankenhaus. Sie ist nach Angaben des Flüchtlingshilfevereins Purple Sheep bereits am Sonntag wegen einer möglichen Medikamentenüberdosis in ein Spital gebracht worden. Zuletzt war die Frau im November wegen psychischer Probleme im Krankenhaus behandelt worden. Die Familie soll durch eine E-Mail vor wenigen Tagen von ihrer Abschiebung erfahren haben.

Die Mutter habe nicht das erste Mal versucht, sich das Leben zu nehmen, hieß es vonseiten des Vereins. Die Obsorge des 13-jährigen Sohnes sei nun an seinen 22 Jahre alten Bruder übertragen worden.

Man habe nach dem Transport der Frau ins Krankenhaus versucht, Andrea Jelinek, die Chefin der Fremdenpolizei Wien, über die Entwicklungen in dem Fall zu informieren, habe sie aber nicht erreicht, erklärte ein Sprecher des Vereins Purple Sheep.

Polizeisprecher Mario Hejl entgegnet: Wer wolle, könne zur Wiener Polizei sehr wohl Kontakt herstellen, zumal es auch Journaldienste gebe. Die Beamten erschienen mit einer Psychologin und einer Ärztin daher trotzdem Dienstagfrüh beim "Freunde schützen"-Haus.

Zurück nach Polen

Die tschetschenische Frau und ihre beiden Söhne leben seit fünf Jahren in Österreich. Ihre Betreuer kritisieren, dass Österreich viereinhalb Jahre gebraucht habe, um festzustellen, dass Polen für das Asylverfahren der Familie zuständig ist. Hejl sagt, es gebe eine Entscheidung des Asylgerichtshofs, welche die Wiener Polizei umzusetzen habe. Polen sei zudem kein unsicheres Drittland, und die Familie könne bei der Überstellung mit dem Auto ihr Hab und Gut mitnehmen.

Purple Sheep fordert, dass die Familie in Österreich bleiben darf. "Man muss feststellen, dass Frau P. nicht abschiebbar ist", sagte ein Vereinssprecher. (Gudrun Springer/DER STANDARD, Printausgabe, 9. März 2011)